{"id":37839,"date":"2023-06-28T19:12:11","date_gmt":"2023-06-28T17:12:11","guid":{"rendered":"https:\/\/www.thecathwalk.de\/?p=37839"},"modified":"2023-06-28T21:16:02","modified_gmt":"2023-06-28T19:16:02","slug":"modernes-christentum-ist-grausamer-moralismus","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.thecathwalk.de\/2023\/06\/28\/modernes-christentum-ist-grausamer-moralismus\/","title":{"rendered":"Modernes Christentum ist grausamer Moralismus"},"content":{"rendered":"\n
In der Enzyklika „Notre Charge Apostolique“ (1910) kritisiert Pius X. den Versuch, das Christum zu einer liberal-b\u00fcrgerlichen Ideologie zu machen. Er schreibt: „Wenn wir die Kr\u00e4fte, das Wissen und die \u00fcbernat\u00fcrlichen Tugenden bedenken, die notwendig sind, um die christliche Stadt zu errichten, und die Leiden von Millionen von M\u00e4rtyrern, und das Licht, das von den V\u00e4tern und Kirchenlehrern gegeben wurde, und die Selbstaufopferung aller Helden der N\u00e4chstenliebe, und eine m\u00e4chtige Hierarchie, die im Himmel bestimmt wurde, und die Str\u00f6me der g\u00f6ttlichen Gnade \u2013 alles aufgebaut, zusammengehalten und durchdrungen vom Leben und Geist Jesu Christi, der Weisheit Gottes, des menschgewordenen Wortes \u2013, wenn wir an all dies denken, ist es erschreckend, neue Apostel zu sehen, die eifrig versuchen, es besser zu machen, indem sie einen gemeinsamen Austausch von vagem Idealismus und b\u00fcrgerlichen Tugenden betreiben.
Was werden sie bewirken? Was soll aus dieser Zusammenarbeit entstehen? Ein blo\u00dfes verbales und chim\u00e4risches Konstrukt, in dem wir die Worte Freiheit, Gerechtigkeit, Br\u00fcderlichkeit, Liebe, Gleichheit und menschliches Hochgef\u00fchl in einem Durcheinander und in verf\u00fchrerischer Verwirrung gl\u00fchen sehen werden, die alle auf einer schlecht verstandenen Menschenw\u00fcrde beruhen.“<\/p>\n\n\n\n
Was sich in „vagem Idealismus und b\u00fcrgerlichen Tugenden“ offenbart, ist eine R\u00fcckkehr des Pelagianismus, der seit der Aufkl\u00e4rung wie ein Wiederg\u00e4nger rumgeistert. Die kleinb\u00fcrgerliche pelagianische Spielart des Christentums glaubt nicht an die Erbs\u00fcnde und die Notwendigkeit von Gnade, sondern an „Anstand“, „Moral“ und „harter Arbeit“ als „Antwort“ auf den Glauben. Es wird nicht mehr geglaubt, dass die menschliche Natur gefallen und zum B\u00f6sen geneigt ist und nur durch die Gnade zum Heil gelangen kann. Die Tragik des Menschen \u2013 seine Zerrissenheit, seine Schw\u00e4chen, Bosheiten und Trag\u00f6dien werden nicht mehr gesehen. Stattdessen wird vorausgesetzt, dass er ehrlich, flei\u00dfig, gut und treu sei \u2013 von Natur aus. Diese falsche Sicht f\u00fchrt zu einer Tyrannei von moralischen Anspr\u00fcchen, die ohne Gnade und Heiligung zur Entt\u00e4uschung f\u00fchren m\u00fcssen. <\/p>\n\n\n\n
Die Serie \u201eThe Office\u201c zeigt das auf geniale Weise. Das Beste an der Serie ist, dass die am meisten Humor haben, die sich \u00fcber die Tragik nichts vormachen. Wer dem B\u00fcro zu viel Bedeutung beimisst, kann nicht lustig sein. Humor ist, wenn man dar\u00fcber steht. \u201eThe Office\u201c ist ein Schauspiel des postmodernen Alltags wie er besser nicht sein k\u00f6nnte. Die Mitarbeiter wissen, wie absurd vieles ist, aber sie machen einfach immer weiter und die Besten lachen dabei. Jeder Angestellte kennt seine Rolle, macht Witze, verh\u00e4lt sich einf\u00e4ltig und geht jeden Tag wieder ins B\u00fcro. Routine gibt Stabilit\u00e4t.<\/p>\n\n\n\n
Ein Tag im Mittelalter hatte mehr Leben als die moderne Knechtschaft unter Maschinen im Neonlicht, in denen schlecht frisiertes Humankapital die Freiheit von Gott mit einer Excelliste zelebriert. Das lacrimarum valle<\/em> steht uns heute deutlicher vor Augen als jemals zuvor. Wer eine Welt voller B\u00fcrost\u00fchle, \u00dcbergewicht, Halbglatzen, Neonr\u00f6hren, Scheidungen und Intrigen als \u201eAmerican Dream\u201c und \u201ePursuit of Happiness\u201c feiert, geh\u00f6rt ins Irrenhaus. Aber genau dieses Hinsichen am Getr\u00e4nkeautomaten mit Salesgespr\u00e4chen und Computerflimmern ist das Leben der modernen Welt f\u00fcr alle \u201eAufgekl\u00e4rten\u201c, Postchristen und \u201eSelbstverwirklicher.\u201c<\/p>\n\n\n\n Es handelt sich beim modernen Christentum um einen Moralismus, weil es letztlich nicht um Moral geht im Sinne einer Sittenlehre, sondern um eine Haltung, die man ganz und gar psychologisch „verinnerlichen“ soll. Der kleinb\u00fcrgerliche pelagianische Moralismus zeigt sich beim „Synodalen Weg“ im Moralisieren von allem \u2013 ohne jemals von Gnade und Erl\u00f6sung zu sprechen. Sie zeigt sich auch beim \u00dcberbetonen von sexualmoralischem Fehlverhalten beim „Neuen Anfang“, als ob das Fehlverhalten nicht vor allem ein Symptom der gefallenen Natur sei, sondern durch mangelnde moralische Anstrengung erfolge. Es werden S\u00fcnden und Schw\u00e4chen gezeigt, ohne die L\u00f6sung in den Vordergrund zu stellen. So wird moralisiert und „schuldig, schuldig, schuldig“ gerufen ohne „Ego te absolvo“. <\/p>\n\n\n\n Der Mensch ist gefallen, rastlos und lasterhaft. Der Weg zur Heilung geschieht durch die wahre Religion, durch die Gnade in Taufe, Beichte und Fr\u00f6mmigkeit. Deshalb sind die Sakramente der katholischen Kirche auch die einzigen L\u00f6sungen auf die moralischen und menschlichen Krisen unserer Zeit. Ein moralischer Anspruch oder gut gemeinter Idealismus sind Gespenster der Aufkl\u00e4rung, die das Gruseln lehren. <\/p>\n\n\n\nSiehe auch:<\/h2>\n\n\n\n