„Bald wird es schnein. – Weh dem, der keine Heimat hat“
Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein. –
Wohl dem, der jetzt noch Heimat hat!
Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
Was bist Du Narr
Vor Winters in die Welt entflohn?
Die Welt – ein Tor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends halt.
Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.
Flieg, Vogel, schnarr
Dein Lied im Wüstenvogel-Ton! –
Versteck, du Narr,
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!
Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein. –
Weh dem, der keine Heimat hat.
Friedrich Nietzsche (1844-1900) wurde am 15. Oktober 1844 in Röcken in Sachsen-Anhalt geboren. Von 1864 bis 1865 studierte er in Bonn und Leipzig klassische Philologie und veröffentlichte erste Schriften. Wegen dieser Publikationen verlieh ihm die Universität Leipzig 1869 den Doktorgrad, ohne ihn einer weiteren Prüfung zu unterziehen. Nietzsche begann anschließend an der Universität Basel eine Lehrtätigkeit für griechische Altphilologie. Ab 1872 widmete er sich ausschließlich der Philosophie. 1876 beurlaubte ihn die Universität Basel wegen Krankheit, die ihn 1879 zur Aufgabe der Lehrtätigkeit zwang. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich, 1889 erlitt er einen Nervenzusammenbruch und kehrte zu seiner Mutter nach Naumburg zurück, wo die Familie seit dem Tod des Vaters im Jahr 1750 lebte. Seine Mutter hatte die Vormundschaft über ihren Sohn; nach ihrem Tod im Jahr 1897 kümmerte sich seine Schwester in Weimar um Nietzsche, der schwerst psychisch erkrankt war. Friedrich Nietzsche starb am 25. August 1900 in Weimar.
Zu seinen bekanntesten Werken, die Nietzsche der Nachwelt hinterließ, zählen u.a. „Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“ (1872), „Die fröhliche Wissenschaft“ (1882/1887) oder auch „Also sprach Zarathustra“ (1883-1885). Außer philosophischen Abhandlungen verfasste Nietzsche auch Gedichte.
Quelle: Britta Dörre, zenit.org