„An meine Mutter“ von Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848)
„Und, da wir vom Leben reden: Heute wird in vielen Ländern der Muttertag gefeiert: Wir wollen voll Dankbarkeit und Zuneigung aller Mütter gedenken. Jetzt wende ich mich an die Mütter, die hier auf dem Platz sind: Sind da welche? Ja? Sind hier Mütter? Ein Applaus für sie, für die Mütter hier auf dem Platz… Und dieser Applaus soll alle Mütter umarmen, alle unsere lieben Mütter: jene, die leiblich mit uns leben, aber auch jene, die mit uns im Geist leben. Der Herr segne sie alle, und die Gottesmutter, der dieser Monat geweiht ist, behüte sie. Allen wünsche ich einen schönen Sonntag … .“ (Papst Franziskus, Regina Coeli, 10. Mai 2015)
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So gern hätt‘ ich ein schönes Lied gemacht,
Von deiner Liebe, deiner treuen Weise,
Die Gabe, die für andre immer wacht,
Hätt‘ ich so gern geweckt zu deinem Preise.
Doch wie ich auch gesonnen mehr und mehr,
Und wie ich auch die Reime mochte stellen,
Des Herzens Fluten rollten drüber her,
Zerstörten mir des Liedes zarte Wellen.
So nimm die einfach schlichte Gabe hin,
Vom einfach ungeschmückten Wort getragen,
Und meine ganze Seele nimm darin;
Wo man am meisten fühlt, weiß man nicht viel zu sagen.
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Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848), mit vollem Namen Anna Elisabeth Franzisca Adolphine Wilhelmine Louise Maria von Droste-Hülshoff, wurde am 12. Januar 1797 auf dem Wasserschloss Hülshoff im Münsterland geboren. Schon im Kindesalter begann sie zu schreiben und versuchte sich in ersten Gedichten und Stammbuchversen. Gefördert wurde sie von ihrem Hauslehrer Anton Matthias Sprickmann, der sie von 1812 bis 1819 unterrichtete. 1825 unternahm Annette eine erste längere Reise, die sie an den Rhein führte, u.a. nach Bonn, wohin sie im Laufe ihres Lebens mehrfach zurückkehren und so bedeutende Persönlichkeiten wie August Wilhelm Schlegel kennenlernen sollte.
Die Dichterin stand per Briefwechsel mit vielen zeitgenössischen Intellektuellen in Kontakt. Besonders wichtig für ihr literarisches Schaffen waren ihre ausgedehnten und zahlreichen Reisen an den Bodensee; ab 1841 wohnte sie auf dem Schloss ihres Schwagers in Meersburg. Zwei Jahre später erwarb die Dichterin das „Fürstenhäusle“, das am Stadtrand von Meersburg in den Weinbergen liegt. Im künstlerischen Schaffen der Dichterin gilt der Winter 1841/42, den sie auf der Meersburg verbrachte, als ganz besonders fruchtbar. Es entstanden Gedichte wie „Am Bodensee“, „Das alte Schloß“ oder auch „Haidebilder“. Vor allem durch die Unterstützung und den Austausch mit Levin Schücking, der ein Sohn von Catharina Busch, einer Freundin Annettes, war, entstanden Hauptwerke wie die „Judenbuche“ (1842) oder „Der Knabe im Moor“ (1842) sowie ein Gedichtband (1844).
Bereits 1819 hatte Annette mit einem Zyklus geistlicher Lieder begonnen, der den Sonn- und Feiertagen des Kirchenjahres folgte und als Hauptwerk geistlicher Lyrik betrachtet wird. Der Zyklus, den die Dichterin vor dem Hintergrund einer gescheiterten Liebesbeziehung begonnen hatte, entstand im Laufe von 20 Jahren und wurde posthum nach dem Tod von Annette von Droste-Hülshoff am 24. Mai 1848 veröffentlicht.
Quelle: Britta Dörre auf zenit.org