Freitag, 27. Dezember 2024

Wie ist der Mensch entstanden: Evolution und die Kultur des Todes

Dieser Artikel wurde mit der freundlichen Genehmigung von Hugh Owen vom Cathwalk übersetzt und veröffentlicht. Den Originalartikel (englisch) finden Sie auf der Homepage OnePeter5.


Es war Veterans Day in Washington, D.C., und die Evolution war das Letzte, woran ich dachte. Ich hatte meinen Freund, Pater Jack Murphy, einen Armee-Veteranen, begleitet, um ihn und andere Veteranen im Gebet zu unterstützen, die sich vor einer Abtreibungsfabrik in Washington D.C. für das Leben einsetzten. Eine große Gruppe von Abtreibungsbefürwortern hatte sich eingefunden, um uns zu belästigen, und die Polizei sperrte den Parkplatz ab und zwang uns alle in einen kleinen Bereich. Ein junger Mann in den Zwanzigern hielt ein Poster eines ungeborenen Kindes hoch mit der Aufschrift „Sieht das aus wie ein Klecks Gewebe?“ Zwei junge Frauen, die wie Studentinnen aussahen, machten sich über ihn lustig. „Hatten diese Leute keinen Biologieunterricht in der Schule?“, fragte die eine die andere. „Wenn sie etwas über Evolution wüssten, würden sie wissen, dass der Fötus erst im dritten Trimester ein Mensch ist. Die andere sagte etwas darüber, dass das Baby auf dem Plakat „das Fischstadium“ durchläuft. Eine andere Frau fügte hinzu, dass es für die Seelen der „Föten“ besser sei, abgetrieben zu werden, da sie dann unter besseren Umständen wiedergeboren würden.

Eine radikale Ablehnung von Gottes Offenbarung

Es dauerte viele Jahre, bis ich erkannte, wie viele der Lügen, die ich an diesem Tag hörte, ihre Glaubwürdigkeit aus der Evolutionstheorie bezogen. Die Verunglimpfung des ungeborenen Kindes als vormenschlich, die embryonale Rekapitulation und die Rationalisierung der Reinkarnation – nicht eine davon konnte dem Licht des Evangeliums Jesu Christi, wie es von den Kirchenvätern verkündet worden war, standhalten. Dennoch gedeihen solche Unwahrheiten in dem Miasma, das durch die unbegründeten Behauptungen der Evolutionstheorie entsteht.

Alle Formen der Evolutionstheorie erfordern eine radikale Ablehnung von Gottes Offenbarung über die Erschaffung von Adam und Eva. In der Genesis ist die Rede davon, dass Gott Adams Körper aus dem Schleim der Erde formte und ihm den Atem des Lebens einhauchte. Mose spricht auch davon, dass Gott den Leib Evas aus Adams Seite formte und sie ihm als seine Gefährtin schenkte. Die Kirchenväter und -lehrer vertraten die Auffassung, dass Gott den Körper Adams zusammen mit seiner Seele schuf, nicht den Körper vor der Seele oder die Seele vor dem Körper. Der heilige Johannes von Damaskus fasst die patristische Lehre zusammen und schreibt:

„Aus der Erde formte er seinen Leib und gab ihm durch sein eigenes Einatmen eine vernunftbegabte und verständige Seele, von der wir sagen, dass sie das göttliche Ebenbild ist […] … Der Leib und die Seele wurden zur gleichen Zeit geformt – nicht das eine vorher und das andere nachher, wie es die Wahnvorstellungen des Origenes behaupten.“[1]

Die Kirchenväter lehnten nicht nur die Idee der Präexistenz der Seelen ab, sondern auch die Vorstellung, dass Adams Körper vor seiner Seele geformt wurde, oder dass ein menschlicher Körper vor einer menschlichen Seele existieren könnte. Nach dem heiligen Gregor von Nyssa:

„[D]a der Mensch ein einziges Wesen ist, das aus Seele und Körper besteht, müssen wir annehmen, dass der Anfang seiner Existenz ein einziger ist, der beiden Teilen gemeinsam ist, so dass er nicht als vor und nach sich selbst befunden werden kann, wenn das körperliche Element zeitlich zuerst wäre und das andere später hinzukäme. … Da unsere Natur nach der apostolischen Lehre aus zwei Teilen besteht, aus dem sichtbaren und dem verborgenen Menschen, würde, wenn der eine zuerst da wäre und der andere später hinzukäme, die Kraft dessen, der uns geschaffen hat, in gewisser Weise unvollkommen sein, da sie nicht für die ganze Aufgabe auf einmal ausreicht, sondern das Werk teilt und sich nacheinander mit jeder der Hälften beschäftigt.“[2]

Die Heilige Schrift lehrt, dass Jesus in allem ein Mensch war wie wir, außer in der Sünde, und dass er schon im Schoß der heiligen Jungfrau einige Tage nach der Menschwerdung ganz Mensch war, als seine Mutter ihre Cousine, die heilige Elisabeth, besuchte. Die Heilige Liturgie bekräftigt die volle Menschlichkeit Jesu vom Augenblick der Menschwerdung am 25. März an, ebenso wie sie die sündenfreie Menschsein der Heiligen Jungfrau vom Augenblick ihrer unbefleckten Empfängnis an bekräftigt. So ergänzt sich die Lehre der Kirche über den ersten Adam und die erste Eva perfekt mit ihrer Lehre über den neuen Adam und die zweite Eva. In beiden Fällen wurden der menschliche Körper und die Seele gemeinsam geschaffen, nicht die Seele vor dem Körper oder der Körper vor der Seele.

Diese Lehre über die Erschaffung Adams und Evas ist die gemeinsame Lehre aller Kirchenväter, Kirchenlehrer, Päpste und Konzilien seit der Zeit der Apostel. Die Päpste der letzten Zeit haben diese Lehre zwar nicht aufgehoben – was unmöglich wäre -, aber sie haben sich aus einem einfachen Grund zurückgehalten, sie eindeutig zu bekräftigen. Seit Darwin haben sie Angst, die Möglichkeit auszuschließen, dass die Naturwissenschaft unwiderlegbare Beweise für die menschliche Evolution entdecken könnte.

In gewisser Weise ist ihr Zögern verständlich. Es scheint sich aus dem augustinischen Grundsatz zu ergeben (der von Leo XIII. in seiner Enzyklika Providentissimus Deus bekräftigt wurde), nicht vom einfachen und offensichtlichen Sinn der Heiligen Schrift abzuweichen, es sei denn, die Vernunft gebietet oder die Notwendigkeit erfordert es. In Humani generis forderte Papst Pius XII. die katholischen Gelehrten auf, die Beweise für und gegen die Hypothese der menschlichen Evolution abzuwägen, während er gleichzeitig viele Elemente der traditionellen Auslegung der Genesis verteidigte. Bis heute wurde die Aufforderung des Heiligen Vaters von der Gemeinschaft der katholischen Gelehrten nicht beachtet, obwohl es drei Gründe gibt, warum diese Aufforderung längst zu einer endgültigen Ablehnung der Hypothese der menschlichen Evolution hätte führen müssen. Der erste Grund hat mit den Grenzen der Naturwissenschaft zu tun, der zweite mit dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der dritte mit dem offensichtlichen Schaden, den diese Hypothese den Seelen zugefügt hat und noch immer zufügt.

Drei Gründe, die menschliche Evolution abzulehnen

Heutzutage scheint es in vielen Kreisen unmodern zu sein, zu behaupten, dass die Naturwissenschaft Grenzen hat. Aber die katholischen Kirchenlehrer, die die Grundlage für die positive Entwicklung der Naturwissenschaften in den letzten 800 Jahren gelegt haben, haben diese Grenzen erkannt und artikuliert. Der Geist der großen mittelalterlichen Kirchenlehrer wird durch den französischen scholastischen Philosophen Wilhelm von Conches aus dem zwölften Jahrhundert gut ausgedrückt, der schrieb:

„Ich nehme nichts von Gott weg. Er ist der Urheber aller Dinge, mit Ausnahme des Bösen. Aber die Natur, mit der er seine Geschöpfe ausgestattet hat, vollbringt eine ganze Reihe von Handlungen, die ebenfalls zu seiner Ehre gereichen, da er es ist, der eben diese Natur geschaffen hat.“[3]

In dieser enthusiastischen Haltung gegenüber der wissenschaftlichen Erforschung der Natur war die Einsicht enthalten, dass der Ursprung der Ordnung der Natur und der Natur der Lebewesen nicht durch natürliche Prozesse erklärt werden konnte, oder, um es mit den Worten des heiligen Thomas von Aquin zu sagen, „[i]n die Werke der Natur tritt die Schöpfung nicht ein, sondern wird dem Werk der Natur vorausgesetzt“[4]. Thomas und Wilhelm von Conches wussten also mit Sicherheit, dass der Ursprung der menschlichen Natur – die Erschaffung Adams und Evas – außerhalb des Bereichs der Naturwissenschaft lag. Die Naturwissenschaftler konnten zwar vieles über den Aufbau und die Funktionsweise des menschlichen Körpers erfahren, doch war den mittelalterlichen Kirchenlehrern klar, dass die wissenschaftliche Forschung ebenso wenig Aufschluss darüber geben konnte, wie Gott den Körper Adams aus dem Staub der Erde geformt hatte, wie Jesus bei der Hochzeit zu Kana Wasser in Wein verwandelte. Die großen Kirchenlehrer unterschieden zwischen der Schöpfungsordnung, in der Gott die verschiedenen Arten von Geschöpfen durch sein Wort schuf, und der Vorsehungsordnung, die erst nach der Erschaffung von Adam und Eva begann.

Die moderne Naturwissenschaft hat diese Unterscheidung zwischen der Schöpfungsordnung und der natürlichen Ordnung bzw. der Vorsehungsordnung fast vollständig aufgegeben. Ironischerweise hat jedoch die Naturwissenschaft des 21. Jahrhunderts die Sinnhaftigkeit dieser Unterscheidung reichlich bestätigt. Auf dem Gebiet der Genetik haben die Naturwissenschaftler beispielsweise viel über die Übertragung und Veränderung genetischer Informationen gelernt, aber kein Wissenschaftler hat das spontane Auftreten eines neuen genetischen Programms beobachtet, wie es für die Erzeugung eines neuen Organs, wie eines Auges oder eines Ohres, in einem Organismus erforderlich wäre, dem ein solches Organ fehlte. Stattdessen hat die Genetik des 21. Jahrhunderts gezeigt, dass sich die genetische Information keineswegs weiterentwickelt oder an Funktionalität gewinnt, sondern dass sie sich im Laufe der Zeit abbaut und eine Devolution stattfindet, und zwar mit einer Geschwindigkeit, die nach den Worten eines Genetikers „eine Grenze für die Länge der Wirbeltierlinien“ setzt – eine Grenze, die weit unter dem Alter liegt, das die Evolutionstheorie ihnen zuweist[5]. Die Entdeckungen der Genetik des 21. Jahrhunderts sind für alle gängigen Hypothesen der menschlichen Evolution fatal, da sie zeigen, dass es für einen gemeinsamen Vorfahren von Schimpansen und Menschen unmöglich wäre, die notwendigen „vorteilhaften Mutationen“ zu erwerben, ohne eine größere Anzahl schädlicher Mutationen zu erwerben – eine Anzahl, die zum Aussterben führen würde, lange bevor die menschliche Evolution erreicht wäre!

Kurzum, die Hypothese der menschlichen Evolution kollidiert nicht nur mit der einmütigen Lehre der Kirchenväter und mit neunzehnhundert Jahren maßgeblicher lehramtlicher Lehre, sondern sie steht auch in fatalem Widerspruch zu den Erkenntnissen der Naturwissenschaften. Es besteht in der Tat kein Zweifel, dass die Hypothese der menschlichen Evolution verworfen würde, wenn man heute die in Humani generis geforderte ausgewogene Prüfung der Beweise vornehmen würde.

Embryonale Rekapitulation: Die Entwertung des menschlichen Embryos

Tragischerweise hatten die meisten katholischen Intellektuellen keine Gelegenheit, die Beweise gegen die Evolutionstheorie zu studieren, und halten trotz des Schadens, den sie angerichtet hat – vor allem in Bezug auf die Achtung vor dem vorgeburtlichen Kind – weiterhin an der Theorie fest. Der Glaube an die Wahrheit der Evolutionshypothese hat Wissenschaftler und Mediziner immer wieder dazu verleitet zu glauben, dass Organe des menschlichen Körpers, die keine offensichtliche Funktion haben, „rudimentär“ und entbehrlich sind. Das ganze Ausmaß der Gefahr, die in dieser unbegründeten Annahme steckt, wurde bald nach der Veröffentlichung von Origin of Species deutlich, als Darwins Schüler, der deutsche Arzt und Anatomieprofessor Ernst Haeckel (1834-1919), das Konzept der embryonalen Rekapitulation popularisierte.

Darwin hatte argumentiert, dass strukturelle Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Lebensformen darauf hindeuten, dass sie sich alle aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben. Haeckel zufolge beweist das Vorhandensein von Ähnlichkeiten in Embryonen verschiedener Arten von Organismen, dass die höheren Lebensformen ihre Entwicklungsgeschichte vor der Geburt „rekapitulieren“ und dass sie von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen. Um diesen „Beweis“ für seine Zeitgenossen noch überzeugender zu machen, fälschte Haeckel Zeichnungen der Embryonen von Fischen, Salamandern, Hühnern, Schildkröten, Kaninchen, Schweinen und Menschen, um ihre Ähnlichkeiten zu übertreiben und ihre Unterschiede zu minimieren[6]. Obwohl Haeckels Betrug noch zu seinen Lebzeiten aufgedeckt und entlarvt wurde, übten die Evolutionshypothese, die eine gemeinsame Abstammung forderte, und das Konzept der embryonalen Rekapitulation noch viele Jahrzehnte lang einen großen Einfluss auf das Studium der Embryologie aus.

Nach Jane Oppenheimers Werk „Essays in the History of Embryology and Biology“, war Haeckels Einfluss auf die Embryologie beträchtlich und „wirkte eher als verzögernde denn als aktivierende Kraft[,] und … behinderte den unmittelbaren Fortschritt „[7]. Gavin R. de Beer, einer der führenden Größen im Studium der Embryologie schrieb, dass „Haeckels Rekapitulationstheorie … die Einführung kausalanalytischer Methoden in die Embryologie vereitelte und verzögerte“, denn „wenn die Phylogenie die mechanische Ursache der Ontogenese war, wie Haeckel verkündete, gab es wenig Veranlassung, nach anderen Ursachen zu suchen“ [8]. De Beers Beobachtung impliziert, dass Haeckels Einfluss in den 1950er Jahren zu Ende gegangen war – doch das war bei weitem nicht der Fall. Bis heute wird in Biologielehrbüchern auf der ganzen Welt argumentiert, dass Ähnlichkeiten zwischen Embryonen von Fischen, Amphibien, Reptilien, Menschen und niederen Säugetieren ein Beweis für die Evolutionshypothese sind. Ein typisches Beispiel dafür ist die Bildunterschrift zu den Zeichnungen von Embryonen verschiedener Lebensformen in einem weit verbreiteten amerikanischen Biologielehrbuch aus dem Jahr 2002. Unter dem Titel „Embryonalentwicklung der Wirbeltiere“ heißt es dort:

„Beachten Sie, dass die frühen Embryonalstadien dieser Wirbeltiere einander verblüffend ähnlich sind, auch wenn die Individuen aus verschiedenen Klassen stammen (Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere). Alle Wirbeltiere beginnen mit einer vergrößerten Kopfregion, Kiemenschlitzen und einem Schwanz, unabhängig davon, ob diese Merkmale beim Erwachsenen erhalten bleiben.“[9]

Obwohl Haeckels verzerrte Zeichnungen nicht zu dieser Überschrift gehören, erweckt die Aussage den Eindruck, dass menschliche Embryonen – als Angehörige des Wirbeltierstamms – Kiemenschlitze besitzen. Dies ist jedoch offensichtlich falsch. Die Rachenbögen menschlicher Embryonen haben mit den Kiemenschlitzen nichts zu tun, sondern entwickeln sich zum Außen- und Mittelohr sowie zu den Halsknochen, Muskeln, Nerven und Drüsen.

Außerdem verleitete das Vertrauen in die Wahrheit der Evolutionshypothese nach der Entdeckung der DNA viele Evolutionsbiologen zu der Vorhersage, dass ähnliche Körperteile in verschiedenen Organismen von denselben Genen gesteuert werden würden. Dies erwies sich jedoch als falsch, da Embryologen entdeckten, dass die Verwirklichung desselben Körperplans – wie z.B. fünfstellige Extremitäten – in verschiedenen Organismen (wie Walen und Menschen) von unterschiedlichen Genen gesteuert wird und durch völlig unterschiedliche embryonale Wege erreicht wird.[10]

Die Idee der embryonalen Rekapitulation hat die Embryonenforscher nicht nur auf falsche Fährten geführt, sondern auch zu einer Verunglimpfung des ungeborenen Kindes. Überall auf der Welt haben Abtreibungsbefürworter die angebliche Ähnlichkeit zwischen menschlichen und niederen tierischen Embryonen genutzt, um die Abtreibung in den frühen Stadien der Schwangerschaft zu verharmlosen. Abtreibungsbefürworter in Deutschland zum Beispiel (Hervorhebung hinzugefügt):

„… nutzen die Uneinigkeit der deutschen katholischen Intellektuellen geschickt aus, um ihre Forderungen nach Legalisierung der Abtreibung in den Gesetzgebungsprozess einzubringen. … Karl Rahner … schrieb in Naturwissenschaft und Theologie (Heft 11, Seite 86, 1970): „Ich denke, dass es biologische Entwicklungen gibt, die vormenschlich sind, aber diese Entwicklungen sind doch in Richtung Mensch gerichtet. Warum können diese Entwicklungen nicht von der Phylogenie auf die Ontogenie übertragen werden?“[11]

Mit diesen Worten formulierte der einflussreichste Theologe im deutschsprachigen Raum eine Haeckelsche evolutionäre Begründung für abtreibende Empfängnisverhütung und Abtreibung, lange nachdem Gavin de Beer behauptet hatte, Haeckels Einfluss sei verschwunden. In Wirklichkeit ist im „Darwin-Jahr“ die implizite Botschaft der meisten Biologielehrbücher der Oberstufe immer noch eindeutig: menschliche Embryonen durchlaufen ein „Kiemenschlitz“-Stadium. Dies sind „Entwicklungen in Richtung Mensch“, um es mit den Worten von Pater Rahner zu sagen. Daher ist es biologischer Unsinn, dem menschlichen Embryo von der Empfängnis an die Würde eines menschlichen Wesens zuzusprechen.

In Wirklichkeit ist die Entwicklung des menschlichen Embryos natürlich ganz anders als die der anderen Wirbeltiere in Haeckels Zeichnungen, und es gibt keinen empirischen Beweis für die Behauptung, dass er irgendein Stadium durchläuft, das im biologischen Sinne des Wortes nicht vollständig menschlich ist. Dennoch untergräbt Pater Rahners fehlgeleiteter Glaube an die Evolution weiterhin den Glauben der Katholiken an die Menschlichkeit des ungeborenen Kindes.

Ein Abtreibungsarzt begegnet dem heiligen Thomas von Aquin

Wir befinden uns nicht in der einzigen Periode in der Kirchengeschichte, in der die konventionelle Weisheit der katholischen Gelehrten durch eine falsche naturwissenschaftliche Hypothese beeinflusst wurde. Jeder, der auch nur ein bisschen mit den Schriften des heiligen Thomas vertraut ist, weiß, wie sehr er das Wort Gottes verehrte. Was jedoch den Zeitpunkt der Menschwerdung betrifft, so ließ der heilige Thomas zu, dass die aristotelische Naturwissenschaft den einfachen Sinn des Wortes Gottes überschattete. Unter dem Einfluss des Aristoteles schrieb der heilige Thomas, dass das menschliche Leben vierzig Tage nach der Befruchtung beginnt. Im Gegensatz dazu waren die östlichen Kirchenväter, die die Sprache des Aristoteles sprachen, weit weniger geneigt als der heilige Thomas, ihre Auslegung des Wortes Gottes von „dem Philosophen“ bestimmen zu lassen. Der heilige Maximus der Bekenner veranschaulichte die Haltung vieler Kirchenväter des Ostens, als er (in II Ambigua 42) die Ansicht vertrat, dass Jesus in allem ein Mensch wie wir war, außer in der Sünde, und dass daher seine Annahme unseres Menschseins vom Augenblick der Verkündigung an bedeutete, dass auch wir vom Augenblick unserer Empfängnis an voll und ganz Mensch werden.

Die internationale Pro Life-Community hat sich zu Recht über die jüngste Bekehrung des serbischen Abtreibungsarztes Stojan Adasevic gefreut, nachdem ihm der heilige Thomas erschienen ist. Aber Adasevics Interpretation der himmlischen Heimsuchung des heiligen Thomas ist kaum beachtet worden. In kommunistischen Schulen erzogen, war Adasevic gründlich im Evolutionismus indoktriniert worden und hatte das ungeborene Kind im Mutterleib bloß als einen Gewebeklumpen betrachtet. Vor seiner Bekehrung führte Adasevic 48.000 Abtreibungen durch, bis zu 35 pro Tag. Dann erschien ihm der heilige Thomas von Aquin im Traum und zeigte ihm die Seelen der ungeborenen Kinder, die er abgetrieben hatte. Obwohl er sich zunächst dagegen sträubte, sagte sich Adasevic schließlich von der Abtreibung los und nahm das Christentum an. Er trat der „orthodoxen“ Kirche bei, studierte aber auch die Schriften des heiligen Thomas von Aquin und war beeindruckt von den falschen Ansichten des Doctor Angelicus über die Seelenwanderung. Der ehemalige Abtreibungsarzt schloss daraus, dass der Heilige ihn besucht haben könnte, „um seinen Irrtum wiedergutzumachen[12].

Heutzutage hört man oft, dass dieser oder jene heilige Priester, Bischof oder sogar Papst an die Evolution geglaubt hat, wie kann das dann eine gefährliche Lehre sein? Aber Adasevics Heimsuchung deutet darauf hin, dass, wenn sogar ein Heiliger und Kirchenlehrer sich in einer naturwissenschaftlichen Hypothese irren konnte – mit tödlichen Folgen -, wie viel mehr könnten moderne Kirchenführer durch eine weitreichendere Theorie getäuscht werden, mit weitaus tödlicheren Folgen?

Was bei der Debatte über den Ursprung des Menschen auf dem Spiel steht

Für die Pro-Life-Bewegung steht in der Debatte über den Ursprung des Menschen eine Menge auf dem Spiel.

Wenn Gott den ersten Mann und die erste Frau vom ersten Augenblick ihrer Existenz an mit Leib und Seele geschaffen hat – und den „neuen Adam“ und die „neue Eva“ vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis an mit Leib und Seele – dann können wir getrost behaupten, dass:

  • das menschliche Leben von Anfang an heilig ist
  • Abtreibung in jedem Stadium Mord ist
  • die menschliche Seele die Form eines bestimmten menschlichen Körpers ist

Was aber, wenn sich submenschliche Primaten so weit „entwickeln“ können, dass sie eine menschliche Seele „empfangen“ könnten?

Das würde bedeuten, dass der gleiche Körper, der eine menschliche Seele beherbergt, der Körper eines modifizierten Tieres ist, dessen tierische Seele durch eine rationale menschliche Seele ersetzt wurde. Dies würde der Reinkarnation – der Seelenwanderung – und der ebenso verhängnisvollen Idee, dass die Einseelung irgendwann nach der Empfängnis stattfindet, Plausibilität verleihen.

Was wäre, wenn die „Eltern“ des Körpers, der zum „fein abgestimmten“ Körper Adams wurde, selbst „Rohlinge“ waren?

Das würde bedeuten, dass die Körper der Tiere als Vorfahren der gesamten Menschheit gewürdigt werden sollten, und würde Peter Singers Vorschlag, Schimpansen die gleichen Rechte wie Menschen zu gewähren, Glaubwürdigkeit verleihen.

Was wäre, wenn der Körper des ersten Menschen die Frucht der sexuellen Vereinigung zweier Tiere wäre?

Das würde bedeuten, dass die menschliche Sexualität von den niederen, irrationalen Tieren abstammt und nicht von oben herab, als endlicher Abglanz der Liebe der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.

Was wäre, wenn die tierischen Vorfahren von Adam und Eva (und von uns allen) Promiskuität, Polygamie, Polyandrie oder Ehebruch praktiziert hätten?

Das würde bedeuten, dass ein solches Verhalten „natürlich“ ist und sicherlich nicht als Verbrechen „gegen die Natur“ verurteilt werden muss.

Andererseits: Was wäre, wenn die gemeinsame Botschaft aller Kirchenväter, Kirchenlehrer, Päpste und Konzilsväter in ihrer maßgeblichen Lehre über die Erschaffung von Adam und Eva von jeder Kanzel im Christentum kühn verkündet würde?

Dann würde der Glaube aller Katholiken an die Würde der menschlichen Person vom ersten Augenblick des Lebens an gestärkt werden, und es wäre für Katholiken nicht mehr möglich, die Evolution zu benutzen, um Abtreibung und sexuelle Perversion zu verharmlosen, wie es einige jetzt tun.

Deshalb ist es an der Zeit, dass die Pro-Life-Gemeinschaft die enge Verbindung zwischen der Evolution und der Kultur des Todes erkennt und für eine Wiederherstellung der traditionellen katholischen Schöpfungslehre arbeitet und betet.


[1] ST. JOHN OF DAMASCUS, On the Orthodox Faith 2:12.

[2] ST. GREGORY OF NYSSA, On the Making of Man 28-29.

[3] Zitiert nach THOMAS WOODS, How the Catholic Church Built Western Civilization (Washington, D.C.: Regnery, 2005), S. 87.

[4] THOMAS von AQUIN, S.Th. I. q. 45, a. 8.

[5] ALEXEY KONDRASHOV, Journal of Theoretical Biology, 1995, 175:583.

[6] Vgl. MICHAEL K. RICHARDSON ET AL Anatomy and Embryology, “There is no highly conserved stage in the vertebrates; implications for current theories of evolution and development,” Vol. 196, No. 2, Springer Verlag, Heidelberg, Germany, 1997, S. 91-106.

[7] JANE OPPENHEIMER, Essays in the History of Embryology and Biology, MIT Press, 1967, S. 154.

[8] GAVIN DE BEER, Embryos and Ancestors, Third Edition, Clarendon Press, Oxford, 1958, p. 172.

[9] PETER H. RAVEN and GEORGE B. JOHNSON, Biology, 6th ed,, McGraw Hill, 2002, D. 1229.

[10] GAVIN DE BEER, quoted in “Homology: A Theory in Crisis” JONATHAN WELLS and PAUL NELSON (zuletzt aufgerufen: 8.03.2009).

[11] ALFRED HAUSSLER, The Betrayal of the Theologians, Human Life International, 1982, D. 2.

[12] Um dem englischen Lehrer gerecht zu werden: Würde der heilige Thomas heute auf der Erde leben, wäre er der erste, der die aristotelische Sichtweise der Seelenwanderung im Lichte der wissenschaftlichen Erkenntnisse ablehnen würde – ebenso wie er der erste wäre, der die theistische Evolution aus theologischen und wissenschaftlichen Gründen ablehnen würde.

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