Samstag, 23. November 2024

Sind Sie nur ein Fan – oder schon/doch ein Zeuge?

Eine Betrachtung zum aktuellen Thema „Missbrauch in der Kirche“

Aufgrund eines intensiven und anstrengenden Projektes war ich die letzten Wochen meist offline, wie man heute sagt. Nach bis zu 17 Stunden schwerer körperlicher Arbeit täglich, sechs Tage die Woche reduziert man alles aufs Nötigste und trennt sich von allem, was zusätzlich Kraft kostet. Ganz nebenbei erwähnt löst sich jede Schlafstörung in Luft auf …

So war ich die vergangenen Wochen fernab aller Nachrichten, Zeitungen und dem Internet. Aber danach stellte ich leider fest, dass sich in der katholischen Kirche ein Abgrund aufgetan hat – ein so abscheulicher, ekelhafter und abstoßender, dass einem fast noch der Kakao von der Erstkommunion hochkommt, um es dezent zu formulieren!

Der Mühlstein

Abgesehen davon, dass sich der Missbrauch an Kindern und Jugendlichen durch alle Institutionen, Vereine und Gemeinschaften der Welt zieht und nicht nur ein Problem der katholischen Kirche ist – ich erwähne das  kurz, weil es immer wichtig ist, eine gewisse Objektivität zu wahren –, kann ich einfach nicht verstehen, wie es gerade bei Menschen, die sich dem geweihtem Leben verschrieben haben, so weit kommen kann!

Haben denn diese Priester, Bischöfe und Kardinäle eine andere Bibel als ich? Sollten sie nicht das Leben Jesu Christi so weit wie möglich nachahmen, seinem Weg folgen? Sollten wir nicht jeden Abend unsere Taten überdenken, in der Komplet das Schuldbekenntnis mit Reue im Herzen beten? Führte diese Haltung nicht unweigerlich dazu, dass ich Handlungen unterlasse, die dem Leben eines Christen entgegenstehen?

Bei all diesen Fragen – und es geben noch so viel mehr – kommt mir auch unweigerlich eine Bibelstelle in den Sinn:

„Es wäre für ihn besser, wenn ein großer Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde, als dass er einem dieser Kleinen einen Anstoß [zur Sünde] gibt.“ Lukas 17,2

Der Mut

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich verurteile keinen und ich maße mir nicht an, jeden Fall im Detail zu kennen. Aber eines weiß ich garantiert: Wir alle werden vor einem gerechten Richter stehen und die Worte Jesu werden unsere Ankläger sein!

Es wäre aber überaus fatal und völlig weltfremd, sich erst auf diesen letzten wichtigen Termin mit Gott zu verlassen und hier auf Erden alles zu verharmlosen. Genau das dürften sich aber anscheinend einige Herren überlegt haben! Dieses Vertuschen, dieses bloße Versetzen einer Person mal dort und mal da hin, dieser ausgebreitete Mantel des Schweigens – all das setzt dieser ganzen Giftspritze noch eins auf!

Wenn Missbrauch und Übergriffe an Kindern und Jugendlichen passiert sind, egal ob in der Kirche oder Politik, in Schulen oder Familien oder im kleinen Wald-und-Wiesen-Fußballverein, dann müssen diese Taten sofort geahndet werden – RIGOROS!

Dafür braucht es auch mutige Menschen! Menschen, die nicht mehr den Mund halten und wegschauen, ganz gleich, welche Konsequenzen das mit sich bringt! Ich habe es satt, dass wir anscheinend eine Generation voller Mutlosen geworden sind! Wie kann denn sonst so viel Leid passieren? Wo sind die Männer und Frauen, die gegen diese Verbrecher – und bitte nicht nur in der Kirche – aufstehen und diesen Deckmantel zerreißen?

Ich kann und will mir einfach nicht vorstellen, dass kein Freund, keine Mutter, kein Vater oder Mitbruder von all den Übergriffen etwas mitbekommen hat. Es ist einfach so unendlich traurig und es schmerzt mich zutiefst, dass diese Missbräuche erst jetzt und so zahlreich hervortreten. Hätte das nicht durch den mutigen Einsatz von Menschen viel früher aufgedeckt und vielleicht viel weniger schrecklich ausfallen können?

Mir ist eine solche Situation schon einmal widerfahren. Es ging nicht um Missbrauch, aber ich wusste um den Zustand einer mir sehr vertrauten Person, die für die Allgemeinheit gefährlich war! Alle Versuche, von außen Hilfe zu holen, also durch Polizei, Hausarzt oder Beratungsstellen blieben völlig ohne Erfolg. Die letzte Konsequenz war, dass ich selbst diese Person anzeigen musste – ich, der Nahestehende!

Heute weiß ich, dass dieser Schritt absolut richtig war, denn nur so konnte ich die Person selbst und andere vor noch mehr Leid bewahren. Der Antrieb dafür muss aber immer einer sein: Die Liebe! Das bringt mich zu meinem letzten Punkt in dieser Betrachtung.

Fan oder Zeuge?

Der Missbrauchsskandal, dieser abscheuliche Abgrund, der sich nun in der katholischen Kirche auftut – oder wie immer wir das nennen wollen –, hat sicher eine Folge:  Viele Menschen werden sich enttäuscht und wütend von der katholischen Kirche abwenden, sie verlassen. Die Fernstehenden haben neue Munition bekommen, die sie nun bei jeder Gelegenheit abfeuern werden. Ich kann das verstehen. Aber es gibt da etwas, was mir noch am Herzen liegt.

Ich will Sie etwas fragen: Sind Sie nur ein Fan von Jesus – oder schon ein Zeuge? Haben Sie die heilige Messe mitgefeiert, weil das einfach eine nette Stunde war – oder weil Sie in der Gegenwart Jesu Christi sein wollten?

Das sind eigentlich zwei sehr einfache Fragen – oder?

Ich frage Sie deshalb, weil genau das die alles entscheidende Frage in diesem ganzen Sumpf ist! Kenne ich JESUS, LIEBE ICH JESUS, habe ich eine persönliche Beziehung zu ihm, suche ich seine Nähe und folge ich ihm wirklich nach  mit allem, was ich bin? Oder bin ich nur ein Fan und trage ein T-Shirt, eine Kutte oder eine Bischofsmütze, aber eigentlich lebe ich etwas anderes? Ein Fan kann man von vielem sein und sich auch da und dort mal anders entscheiden. Aber als Zeuge tritt man für die Wahrheit ein – und die ist bekanntlich einmalig! Als Zeuge habe ich eine Pflicht und diese nimmt meine Taten in Anspruch. Ich kann nicht gleichzeitig Nächstenliebe verkünden und Kinder sexuell missbrauchen – DAS GEHT NICHT! Nicht als Zeuge für Christus, nicht, wenn ich Christus jeden Tag mein Herz übergebe und mit ihm durch den Tag gehe! Als Zeuge des Gottessohnes verlasse ich auch nicht die von ihm eingesetzte Kirche, weil ein offensichtlich gestörter Fan von Jesus abscheuliche Taten begangen hat! Es entlarvt eben den Status seines Herzens: Das war ein Fan, kein Zeuge!

Ich beschreibe Ihnen ein Bild: Sie sind der einzige Zeuge eines Unfalls, den echten Hergang kennen also nur Sie. Die Reporter fragten aber nur jene, die kurz später hinzugekommen waren. So kommt es, dass in den Medien eine völlig verkehrte Geschichte steht. Die Allgemeinheit glaubt dann an eine Lüge. Verwerfen Sie dann die Wahrheit und Ihren Status als Zeuge – oder bleiben Sie dabei? Würden Sie nicht alles daran setzen, dass Sie als Zeuge gehört werden und die Wahrheit ans Licht kommt?

  • Ich liebe JESUS und mein Leben gibt Zeugnis für seine lebendige Gegenwart!
  • Ich liebe seine uns anvertraute Kirche, weil sie sein Herz, sein Leib, sein Blut und sie seine Braut ist – und ich werde nicht wegen ein paar verwirrter, krankhafter Fans davon ablassen, dieser Kirche beizustehen!
  • Ich kenne viele wunderbare Priester und Ordensleute, die mir schon oft Vorbild und Hilfe im Leben waren! DANKE, Ihr treuen Nachfolger JESU, für euren Dienst!
  • Beten wir für eine umfassende Reinigung der katholischen Kirche durch die schöpferische Kraft des Heiligen Geistes!

Maria, Muttergottes, bitte für uns!

1 Kommentar

  1. Ich stand als Vorgesetzter eines als Zeitarbeitskraft bei mir arbeitenden Mitarbeiters einmal vor einer ähnlich schweren Entscheidung wie sie hier kurz beschrieben ist.
    Der Betreffende hatte u.a. schon eine Abmahnung seines Chefs bekommen und ich hatte nun eine von ihm vorgenommene Fälschung auf seiner Stechkarte festgestellt. Er sollte in wenigen Tagen planmäßig auf eine Stelle bei einem Kollegen in einer anderen Abteilung eingesetzt werden. Zudem war er allein verdienender Ehemann und Familienvater mit 2 kleinen Kindern. Sollte ich seinen Chef von der Manipulation in Kenntnis setzen?
    Ja, ich habe das getan – schweren Herzens, weil ich gerade aus sozialen Gründen vordem immer wieder es bei ernsten Ermahnungen belassen hatte.
    Nun aber wollte ich nicht meinem Kollegen und seiner Abteilung einen solchen Betrüger zumuten, und nach Rücksprache mit der Personalabteilung wurde die Manipulation dem Chef der Zeitarbeitsfirma gemeldet.
    Der Mitarbeiter wurde bei uns fristlos entlassen.
    Ich wurde sogar noch von unserem obersten Chef gerügt, ich hätte erst ihn konsultieren müssen.
    Viel später erfuhr ich vom Chef der Zeitarbeitsfirma, dass er dem Betreffenden sogar nochmals eine neue Chance bei einer anderen Firma gegeben hat, die aber wiederum missbraucht wurde, woraufhin er sich endgültig von ihm trennte.
    Wer nicht hören will, muss halt fühlen.

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