Ein Kommentar von Monsignore Florian Kolfhaus
ROM, (CNA Deutsch).- „Geht alle zu Josef. Tut, was er Euch sagt“ (Ex 41, 55). Das Wort des Pharaos an die notleidende Bevölkerung seines Landes hallt durch die Jahrhunderte, zumal es die Kirche aufgegriffen und auf den Pflegevater Jesu angewandt hat: Ite ad Joseph – Geht zum heiligen Josef. Er wird Euch helfen.
Unzählig sind die Gebetserhörungen, die dem Bräutigam Mariens zugeschrieben werden, von dem doch die Heilige Schrift nicht mehr sagt, als dass er „gerecht“ war. Ein bis in unsere Tage „nachprüfbares“ Wunder: In der Lorettokapelle in Santa Fé (USA) gibt es eine Holztreppe, die, so die Überzeugung vieler Katholiken, vom hl. Josef selbst gezimmert wurde. Wie bitte? Eine 2.000 Jahre alte Treppe des Zimmermanns aus Nazareth in Amerika? Nein, eine Wendeltreppe, die gerade einmal 120 Jahre alt ist, aber deren Ursprung mysteriös und geheimnsivoll bleibt.
Schwester M. Florian von der Lorettoakademie Unsere Liebe Frau vom Licht, beschreibt folgendes Geschehen aus dem Jahr 1878 in Santa Fé (Hauptstadt des US-Bundesstaates New Mexico).
Eine Treppe nicht von Menschenhand
„Unsere Schwestern hatten beschlossen, von mexikanischen Zimmermannsleuten eine Kapelle nach dem Muster der Sainte Chapelle in Paris bauen zu lassen. Nach den Plänen des Architekten P. Mouly wurde das Gebäude in fünf Jahren errichtet. Die Kapelle war 22,5 Meter lang, 7,5 Meter breit und 25,5 Meter hoch. Als der Bau schon fast fertig war, stellte man mit Erschrecken einen Konstruktionsfehler fest. Die Kapelle war sehr schön geworden, ebenso auch die Empore an der Rückwand. Doch es gab keinen Weg, um von unten nach oben zu kommen. Man hatte den Treppenaufgang vergessen! Verschiedene Fachleute wurden zu Rate gezogen, und von allen kam dieselbe Antwort: Nichts zu machen! Für eine Treppe reicht der Platz nicht aus. Es gibt nur eine Lösung: Entweder eine Leiter benützen oder die ganze Empore neu bauen.
Man kann sich die Enttäuschung und Ratlosigkeit der Schwestern vorstellen. Doch als Frauen von starkem Glauben beschlossen sie, vorerst gar nichts zu unternehmen, sondern statt dessen eine Novene zum heiligen Josef, dem Schutzpatron der Zimmermannsleute, zu beten und die Hilfe der göttlichen Vorsehung abzuwarten.
Am neunten und letzten Tag des Gebets klopfte ein Mann mit ergrautem Haar und einem Esel, der mit einer Werkzeugkiste beladen war, an die Türe der Akademie und wünschte mit Schwester Magdalena, der damaligen Oberin zu sprechen. Er wollte sich gern beim Bau der besagten Treppe nützlich machen, worüber die Mutter Oberin geradezu entzückt war. Nach dem Zeugnis mehrere Schwestern, die immer beim Bau zugegen waren, benutzte der geheimnisvolle Handwerker für seine Arbeit nur eine Säge, ein Winkeldreieck und einen Hammer. Anstelle von Nägeln verwendete er hölzerne Nieten. Sie entsannen sich, auch einige Wassereimer gesehen zu haben, in welche Holzstücke eingeweicht lagen.
Als Mutter Magdalena den unbekannten Baumeister nach erfolgreich erledigter Arbeit für seine Mühen entlohnen wollte, war dieser nicht mehr aufzufinden. Alle Nachforschungen blieben erfolglos, und im lokalen Bauholzlager war nicht einmal ein Kaufbeleg für das verwendete Holz vorhanden. Die Treppe ist eine Konstruktion mit 33 rundum laufenden Stufen in zwei Spiralen von genau 360 Grad, ohne jegliche Zentralstütze. Sie läuft von der Empore nach unten auf den Fußboden, der sie völlig trägt.
Nach verschiedenen Zeugnissen spürt man beim Begehen der Treppen eine gewisse Elastizität, was sich in Form einer leichten vertikalen Schwingung äußert, wie etwa bei einer großen Sprungfeder. Viele Architekten und Konstrukteure aus dem Ausland haben im Laufe der Jahre dieses Meisterwerk der Baukunst besichtigt und untersucht. Sie alle zeigen großes Erstaunen, dass diese Treppe noch nicht in sich zusammen gestürzt ist. Doch sie steht nach 120 Jahren täglicher Benutzung immer noch. Das Holz weist eine große Härte auf und stammt mit Sicherheit nicht aus New Mexiko. Seine Herkunft konnte bis heute noch nicht festgestellt werden.“
Wunder sind für einen Christen Alltag, glauben wir doch, dass Gott Herr der Geschichte und meines Lebens ist, in das er meist verborgen, manchmal aber ganz offensichtlich eingreift. Gott liebt es, seine Werke durch andere Geschöpfe, namentlich, die Heiligen zu tun – seine Freunde auf Erden und seine Freunde im Himmel. Dadurch stiftet er eine Liebes- und Lebensgemeinschaft all derer, die an seinen Namen glauben und ihn ihm den anderen Gutes tun. Wie sollte er nicht daran Freude haben durch den Mann, der auf Erden sein Pflegevater war, kleine und große Wunder zu wirken? „Geht zu Josef“ – Jeder Katholik, der an Wundern zweifelt, sollte dem Rat des heidnischen Pharao folgen und es ausprobieren: Der heilige Josef wird helfen.
Geht zu Josef!
Die Litanei zu Ehren des hl. Josef – ein uraltes katholisches Gebet – zählt eine Fülle von Titeln auf, die dem Mann aus Nazareth in frommer Weise verliehen werden. „Haupt der heiligen Familie“, „Schutzherr der Kirche“, „Patron der Sterbenden“ oder „Schrecken der bösen Geister“ wird er da genannt.
Die schönste und wohl wichtigste Anrufung ist sicher die, die ihn ganz schlicht „Nährvater Jesu“ nennt, denn das war seine grosse Berufung und Sendung. Und aus eben dieser Mission, sich um Jesus zu sorgen, ihn zu beschützen und ihn zu erziehen, lassen sich alle anderen Ehrentitel ableiten, die er zu Recht erhalten hat. Er hat das Jesuskind vor den Schergen des Herodes gerettet, weil er, wie ihm der Engel im Traum geboten hat, nach Ägypten geflohen ist. Wie sollte er da nicht auch die Kirche beschützen, den mystischen Leib Christi, wo immer Gläubige in Bedrängnis und Not sind. Der hl. Josef – so erzählt die glaubwürdige Überlieferung – starb im Kreise seiner Familie, also in den Armen seiner Braut Maria und seines Pflegesohnes Jesu. Kann es einen schöneren Abschied von dieser Welt geben? Nicht nur getröstet von den liebsten Menschen, sondern von Gottessohn und seiner heiligen Mutter, die wir im Himmel zu schauen erhoffen? Diese Nähe zu Jesus und Maria macht den hl. Josef zum „Schrecken der Dämonen“. Wo immer die Liebe herrscht, gerade in den Familien, muss alles Böse fliehen.
Die Heilige Schrift kennt all diese Titel nicht. Sie nennt Josef einfach nur „gerecht“. Aber auch in diesem Wort sind alle anderen Tugenden zusammengefasst, von denen die Litanei des Heiligen spricht: Klugheit, Keuschheit, Starkmut, Treue. „Gerecht“ meint in der Sprache der Bibel nicht nur die „iustitia“, die, ohne auf die Person zu achten, nach der Wahrheit urteilt, sondern vielmehr die „Rechtheit“ des Herzens. So könnte das biblische „gerecht“ durchaus mit „heilig“ übersetzt werden, in dem Sinne, dass Josef ein rechter, gerader, guter, im moralischen Sinne „gesunder“ (heil-iger) Mann war. Diese Haltung gründet im Gehorsam gegenüber Gott. Immer wieder erscheint Josef im Traum ein Engel und übermittelt ihm einen Auftrag. Josef steht auf und tut, was ihm gesagt worden ist. Er zögert nicht, er zweifelt und diskutiert nicht – er tut ganz einfach das Rechte. Das Rechte tun – nicht nur denken oder sagen – macht gerecht, macht heilig. Rechtes tun aber bedeutet nicht anderes als die Tugenden zu leben.
Lasst uns Wunder schauen
Die vielen Titel des hl. Josef, an deren Zahl ihn nur die der Gottesmutter übertreffen, haben ihren Grund in einer doppelten Wurzel: Die göttliche Berufung und die gehorsame Mitarbeit.
In jedem menschlichen Leben schallt der Ruf Gottes, wirkt die Gnade, waltet ein höherer Sinn. Gott liebt uns zuerst und ergreift die Initiative, die zur Antwort, zum Gehorsam, zum Tun drängt. So ist der einfache Handwerker aus Nazareth das große Vorbild der Heiligkeit und, wie die hl. Teresa von Avila sagt, ihr bester Lehrmeister. Gehen wir in seine Werkstatt, um von ihm zu lernen, Heilige zu werden. Wenn wir vielleicht am Fest des hl. Josef die Litanei zu seiner Ehre beten, so sollten all die vielen Titel in uns selbst nachklingen und wirken: Bin ich gerecht wie Josef? Bin ich stark und treu wie er? Bin ich ein Beschützer der Kirche, der für sie kämpft? Kann mein Tun, mein Wort, mein Lächeln – kann vor allem mein Gebet – das Böse vertreiben und zum „Schrecken der Dämonen“ werden? Kann jede seiner Tugenden eine Stufe auf meiner Treppe in den Himmel werden? Was meine Kräfte nicht vermögen, das schafft die Gnade! Gott wollte sich der Obhut des hl. Josef anvertrauen, er traut auch mir zu, heilig zu sein. Ja, der heilige Josef wird mir eine Treppe bauen, die in den Himmel hinaufführt. Naiver Glaube? – Ja, naives, kindliches, unreflektiertes Vertrauen, dessen ich mich nicht schäme, weil an der Hand des Mannes, der auf Erden Beschützer Jesu und Mariens war, jeder wieder Kind sein darf, das sich von seinem Vater führen und beschenken lässt.
Josefslied
Geht zu Josef allezeit,
dort seid ihr geborgen.
Bringt ihm Trauer, Not und Leid,
er wird für Euch sorgen.
Habt nur Mut, es wird gut,
Josef wird es lenken,
Eurer Last gedenken.
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Heil‘ger Josef, auserwählt,
Gottes Sohn zu kennen,
Dich allein in aller Welt,
wollt er Vater nennen.
Hier sind wir, trauen Dir.
Lass uns Jesus finden,
fest an ihn uns binden.
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Heil’ger Josef, Bräutigam,
jene Frau auf Erden,
die als Mutter Gottes kam
Deine Braut zu werden,
loben wir, heut mit Dir.
Leg Du uns‘re Lieder
vor Maria nieder.
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Heilg’er Josef, Schutzpatron,
sieh die Kirch im Streite.
Bitt für uns bei Deinem Sohn,
Du uns sicher leite.
Heb die Hand, über’s Land,
lass die Feinde fliehen,
uns in Frieden ziehen.
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Heil’ger Josef, jedes Leid
halte von uns ferne.
Sei uns Helfer in der Zeit,
dass wir Christus gerne,
froh und gut, voller Mut
unser ganzes Leben
durch Dich übergeben.
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Heil’ger Josef, keusch und rein.
Schau auf uns hernieder,
lass uns Deine Kinder sein,
bring die Unschuld wieder.
Josef, gib, Gnad und Lieb,
uns auf allen Wegen,
schenk uns Deinen Segen.
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Geht zu Josef in der Not,
bittet voll Vertrauen.
Fürchtet weder Leid noch Tod
Wunder sollt ihr schauen.
Väterlich, zeigt er sich,
allen, die ihn flehen,
seine Huld zu sehen.
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(nach der Melodie, „Herr, ich bin Dein Eigentum“, GL 435)
Der heilige Josef kann Führsprache bei Gott und Jesus halten.
Das hat so viel Macht und tut so gut.
Nichts gegen den Heiligen Josef!
Aber warum denn nicht direkt zu Jesus, der doch alle Tage bei uns ist?
Weil Gott auch durch die Heiligen gebittet werden möchte, um dadurch ihr heiliges Leben hervorzuheben. Außerdem hat ihr Gebet eine größere „Durchschlagskraft“ als unseres, da sie als Heilige vollkommen sind, im Gegensatz zu uns; unser Gebet ist aufgrund unserer Sündhaftigkeit und Unvollkommenheit oft mangelhaft. Somit ist der Weg über die Heiligen kein Umweg, sondern, und im Gegenteil, eine Abkürzung.