Von Martin Rautenberg
„Wird es chaotisch und hässlich werden? Ganz sicher wird es das. Aber es ist eine große Ehre, das, was wahr, richtig und heilig ist, gegen seine perversen, kleinkarierten Verfolger zu verteidigen.“[1]
Dies schreibt Dr. Peter Kwasniewski im Vorwort zu seinem im Jahre 2022 in den USA und nun ganz aktuell im St. Stephani Verlag auf Deutsch erschienenem Werk „Der alte und künftige römische Ritus. Die Rückkehr der traditionellen lateinischen Messe nach 70 Jahren des Exils.“
Mit obigem Zitat meint Kwasniewski den Kampf, der innerhalb der Kirche gegen den traditionellen römischen Ritus seit über 70 Jahren tobt.
Erfrischend, mutig und kämpferisch beschreibt Kwasniewski, warum wir Katholiken den Novus Ordo radikal ablehnen und statt dessen vollständig zum traditionellen römischen Ritus zurückkehren sollten: „Es geht um Leben oder Tod, Weiterbestand oder Aussterben. […] Wir dürfen und wir müssen alles tun, was erforderlich ist, um die römische Tradition in ihrer Gesamtheit und Reinheit als einen der größten Schätze der katholischen Kirche zu bewahren, der für ihr Gemeinwohl von eminenter Bedeutung ist.“[2]
Ein besonderes Augenmerk richtet Kwasniewski auf die Zerstörung der überlieferten Liturgie, die schon lange vor dem 2. Vatikanum begann. Er schreibt, man solle sich nicht „auf die Überzeugung stützen, dass im Vatikan, bis Schlag Mitternacht am 10. Oktober 1962 alles theologisch solide war und dass daher alles, was vor diesem Zeitpunkt verkündet wurde, akzeptiert werden sollte.“[3]
Er geht auch auf die aktuellen Versuche Roms ein, den traditionellen Ritus ganz abzuschaffen und schreibt über die Reaktion von Klerikern und Laien auf Traditiones Custodes (16.07.2021) und Responsa Dubia (18.12.2023) folgende bemerkenswerte Sätze:
„Was sich jedoch geändert hat, ist nicht unbedingt das, was sich der Papst oder die Kurie gewünscht haben dürften. Unter dem Einfluss des Ultramontanismus der alten Schule, dessen Dämpfe immer noch in den Benzinkanistern der oberen Hierarchie umherwabern, wäre man davon ausgegangen, dass sich sämtliche Katholiken um den Nachfolger Petri und seine Kurialbande scharen würden, sobald das ‚große Experiment‘ der ‚zwei Formen‘ des römischen Ritus, die nebeneinanderlaufen, für gescheitert erklärt worden wäre.“ [4]
Kwasniewski zeigt auf, dass für die Feier des wahren und einzigen römischen Ritus keine besondere Erlaubnis erforderlich ist oder jemals erforderlich sein darf und „dass die Kirche unter dem Einfluss eines falschen und gefährlichen ‚Hyperpapalismus‘ leidet, der den Papst zu einem absoluten Monarchen macht, dessen Wille Gesetz ist, der das katholische Erbe als sein Eigentum behandeln und nach Belieben verändern darf, und der alle anderen dazu zwingen kann, sich seinen Plänen zu fügen;“[5]
Spannend sind Kwasniewskis Ausführungen zu den Änderungen der Liturgie, die schon unter Pius XII. stattfanden und die im deutschsprachigen Raum bisher viel zu wenig Beachtung fanden. So zitiert er eine Passage aus Annibale Bugninis opus magnum, in der es um die Arbeit der Liturgischen Kommission geht, welche die Liturgieänderungen vorbereiteten:
„In den zwölf Jahren ihres Bestehens (28. Juni 1948 bis 8. Juli 1960) hielt die [Pianische Liturgie-] Kommission zweiundachtzig Sitzungen ab und arbeitete unter absoluter Geheimhaltung. Ihre Arbeit war so geheim, dass die Veröffentlichung des Ordo Sabbati Sancti instaurati Anfang März 1951 sogar die Verantwortlichen der Ritenkongregation überraschte. Die Kommission genoss das volle Vertrauen des Papstes, der von Monsignore Montini und vor allem von Fr. Bea, dem Beichtvater von Pius XII., wöchentlich über ihre Arbeit informiert wurde.“[6]
Kwasniewski beschreibt sehr ausführlich die Änderungen der Heiligen Woche und berichtet von seinem eigenen Erlebnis, als er zum ersten Mal an einer vollständigen Prä-55-Karwoche teilnahm:
„Ich erwartete, beeindruckt zu sein – aber ich wurde förmlich überwältigt; ich erwartete, befremdet zu sein – aber ich wurde geblendet und provoziert.“[7]
Seine Forschungen ergaben folgendes:
„…Palmsonntag, Karfreitag und die Osternacht wurden in einem Ausmaß verändert, wie es das in der Geschichte der Kirche des Westens nie zuvor gegeben hatte. Es handelte sich weniger um eine Überarbeitung als um einen Wiederaufbau – vergleichbar mit dem Abriss eines Gebäudes und der Wiederverwendung seiner Materialien für einen neuen Bau.“[8]
Martin Mosebach, der 2007 mit dem renommiertesten Literaturpreis der deutschen Sprache, dem Georg-Büchner-Preis, ausgezeichnet wurde, schreibt im Vorwort zur deutschen Ausgabe des Buches:
„Gern wird in Streitgesprächen über das Thema als Positivum etwa die Rückverlegung der Osternachtfeier vom Samstagvormittag auf den Samstagabend genannt, die gewiss jeder mit Sinn für die Liturgie begrüßen wird – aber das war keine Reform, sondern eine kleine Korrektur eines Brauchs, die mit einem Federstrich hätte erreicht werden können. Die inhaltlichen Eingriffe des Tabula rasa-Meisters Bugnini in die Osternacht zeugen schon wieder von heilloser Ignoranz.“[9]
Dieses absolut empfehlenswerte, fast 400-seitige Buch wird, davon ist fest auszugehen, zu einem Standartwerk zu den Themen Alte Messe und Tradition werden und es wird sicherlich vielen Katholiken die Augen öffnen, um zu erkennen, wie groß der Betrug ist, den die Feinde des katholischen Glaubens innerhalb der Kirche vor mehr als 70 Jahren begonnen haben.
Das ganze Buch durchzieht eine positive Sicht Kwasniewskis und eine wohl begründete Gewissheit über die baldige Rückkehr des traditionellen römischen Ritus, denn – so Kwasniewski am Ende des Buches – es sei heute zu beobachten „… wie die Liturgiereform entweder in sich selbst implodiert oder langsam von einer immer stärker werdenden, an der Tradition orientierten Bewegung überholt wird“[10] und wie Phönix aus der Asche auferstehen wird.
[1] Kwasniewski, Peter: Der alte und künftige römische Ritus. Die Rückkehr der traditionellen lateinischen Messe nach 70 Jahren des Exils, Metten 2023, S. 24.
[2] Ebd., S. 349.
[3] Ebd. S. 326.
[4] Ebd., S. 19.
[5] Ebd., S.21.
[6] Ebd., S. 126.
[7] Ebd., S. 329.
[8] Ebd., S. 329.
[9] Ebd.; S. 11.
[10] Ebd., S. 378.