Dienstag, 3. Dezember 2024

Der wichtigste Bischof des 20. Jahrhunderts

Im Dezember 1965 endete das Konzil. Roberto de Mattei schreibt in seinem epochalen Buch „Das Zweite Vatikanische Konzil“, der Modernismus zu Zeiten Pius X. erscheine wie ein „Heuschnupfen“ angesichts der gegenwärtigen Krise. Selbst wenn man das Konzil und seine Intention mit dem allergrößten Wohlwollen interpretieren möchte und beste Absichten unterstellt, kann man die Jahre danach nur als absolute Tragödie, als Katastrophe, werten. Paul VI., der große Konzilspapst, sah das selbst. „Die Kirche durchquert heute eine Zeit der Unruhe. Einige üben sich in Selbstkritik, man könnte sogar sagen, in Selbstzerstörung. Es ist wie ein heftiger und vielschichtiger Umsturz, den niemand nach dem Konzil erwartet hatte … Die Kirche wird von denen angegriffen, die zu ihr gehören“ (Ansprache am 7. Dezember 1968).

Ein „zweites Pfingsten“ war ausgeblieben, stattdessen kam die große Depression. 1972 verschärfte der Papst seine Kritik noch. Er habe den Eindruck, „dass der Rauch Satans durch irgendwelche Ritzen in den Tempel Gottes eingedrungen sei. Das sind der Zweifel, die Ungewissheit, die Problematik, die Unruhe, die Unzufriedenheit das Vergleichen. Man vertraut der Kirche nicht … Man glaubte, nach dem Konzil wäre ein Sonnentag für die Kirchengeschichte angebrochen. Stattdessen ist ein Tag voller Wolken, Sturm, Dunkelheit, Suche und Ungewissheit angebrochen…“

Als der Papst 1978 starb, soll er sehr unter Depressionen und großer Traurigkeit gelitten haben. Im Zuge des Konzils bestätigte er in seiner letzten Enzyklika „Humanae vitae“ 1968 zwar die Morallehre, führte aber 1969 eine neue Messe ein und ändere schließlich auch die Texte für alle anderen Sakramente. In Rom selbst schuf man den Begriff „Konzilskirche.“ Hochaltäre landeten auf dem Sperrmüll, die alte Strenge wurde verächtlich gemacht, eine neue Zeit brach an, in der Experimente und Verwirrung gang und gäbe waren.

Zeitgleich zu dieser Krise, im Jahre 1970, gründete Marcel Lefebvre, ein Erzbischof im Ruhestand, auf Betreiben von jungen Seminaristen, die Priesterbruderschaft St. Pius X. In der großen Not der Nachkonzilszeit beknieten sie den Bischof, er möge sie ausbilden. Sie zogen von Seminar zu Seminar aber fanden nirgendwo eine Ausbildung, die dem überlieferten katholischen Glauben entsprach. Der Erzbischof wollte sie zuerst nach Freiburg im Üechtland (Schweiz) schicken, aber auch dort herrschte die neue Zeit. Econe wurde zum Seminar des Wiederaufbaus. Der Erzbischof erkannte die Dimension der Krise und sagte zu seinen Seminaristen: „Es ist alles kaputt und Sie müssen es wieder aufbauen.“ Die Krise der Kirche ist eine Krise des Glaubens und sie betrifft alle Bereiche: das Priestertum, die katholischen Familien, die katholische Bildung, die katholische Gesellschaft.

Erzbischof Lefebvre ist der größte Bischof des 20. Jahrhunderts, weil er mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. das katholische Priestertum in seiner überlieferten Form bewahrt hat. Vom Priestertum und der Alten Messe entspringt das katholische Leben für die gesamte Gesellschaft. Der Geist des Opfers und der Frömmigkeit ist für die Heranbildung von kinderreichen katholischen Familien in der Ordnung der Tradition unabdingbar. Er ist auch unabdingbar für die Bildung von echten heiligen Priestern und Laien, die Christus nachfolgen. Die Messe aller Zeiten gibt einen Widerstandsgeist gegen die gefallene Welt und ihre Versuchungen. Christus gleichförmig zu werden ist ohne den überlieferten katholischen Glauben nahezu unmöglich.

Nach dem Tod Pauls VI. wurde mit Johannes Paul II. ein charismatischer Bischof Papst. Er prägte den Typ des „konservativen Katholiken“, der in Fragen der Sexualmoral auf der Linie von Paul VI. war: Empfängnisverhütung, Abtreibung und Ehescheidung waren absolut verboten. Gleichzeitig vertrat er einen Heilsoptimismus, der schon in seiner Antrittsenzyklika „Redemptor hominis“ (1979) deutlich wurde. Manche sagen sogar, er sei Anhänger der Häresie der „Allerlösung“ gewesen. Leider gibt es Aussagen von ihm, die in diese Richtung gehen. So sagte er 1981 in seiner Botschaft an die Völker Asiens: „Im Heiligen Geist sind jede Person und alle Völker, durch das Kreuz und die Auferstehung Christi, Kinder Gottes geworden, Teilhaber an der göttlichen Natur und Erben des ewigen Lebens.“ Was soll das bedeuten? Es sollte eigentlich in jedem Katechismus-Unterricht gelehrt werden, dass jeder Mensch im mit der Erbsünde geboren wird und damit nicht als Kind Gottes zur Welt kommt. Erst in der Taufe erhält man die Gnade und wird zum Kind Gottes und gewinnt, wenn man im Stand der Gnade stirbt, das ewige Leben. Genau deshalb ist die Taufe heilsnotwendig. Genau deshalb gab es einen Franz Xaver, Maximilan Kolbe oder Vinzenz Ferrer. Die heilsoptimistischen Aussagen Johannes Pauls II. erklären seine ökumenischen Aktionen, die interreligiösen Assisi-Treffen und den Hang, ständig den Menschen zu loben. Leider erwies sich diese Haltung bereits zu Lebzeiten des Papstes als erfolglos. Zeit-JournalistJan Roß schrieb über die Polenreise Johannes Pauls II. 1991. Damals herrschte kein „Grundton der Ermutigung und des Vertrauens, sondern lauter … bittere oder verzweifelte Warnungen vor einer libertinen Wegwerfgesellschaft, vor Pille, Prostitution, Pornographie und … Abtreibung. Das Bild von Johannes Paul II. als lebensfremdem Doktrinär und Mann von gestern setzte sich fest, selbst bei alten Weggefährten und Bewunderern.

Der Geist des Liberalismus herrscht seit dem Konzil in der Kirche und sein Regiment ist grausam. Ich erinnere mich selbst in meine Jahre in Münster von 2008 bis 2017. Thomistische Theologie gab es nicht. Es gab mehr Angst vor psychologischen Störungen als vor Sünden und anstatt katholischer Dogmatik lehre die Professorin Dorothea Sattler Dinge, von denen ich nicht weiß, wie ich sie nennen soll. Ich war mittendrin und Teil des Problems. Mein damaliger Regens bezeichnete in einem 3sat-Interview 50% der Priester als homosexuell und hat kurze Zeit später sein Amt aufgegeben. Einige der Seminaristen, die mittlerweile geweiht sind, segnen heute homosexuelle Beziehungen. In Haltern am See war die katholische Kirchengemeinde St. Sixtus auf den „Impuls“ einer Firmgruppe hin, maßgeblich an der Veranstaltung eines CSD beteiligt. In meiner eigenen Heimatpfarrei gibt herrscht der Synodalen Weg. In der Kirche, die sich auf das Konzil beruft, scheint die absolute Apostasie zu herrschen. Johannes Paul II. und Benedikt XVI, haben daran nichts geändert. Ich kann deshalb nicht verstehen, wie man, wenn man all das sieht, Sehnsucht nach den Zeiten von Johannes Paul II. oder Benedikt hat. Das so genannte Konservative hat die Krise nicht überwunden, bestenfalls nur verlangsamt und ist nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Es kann in der Kirche selbstverständlich auch nicht nur um Sexualmoral gehen. Es muss der Kirche zuerst um das Heil der Seelen gehen, um die Rettung der Menschen, um die heiligmachende Gnade und das beinhaltet viel mehr als Moral. Die Sakramente sind das Herz der Pastoral, allen voran die Taufe, die Eucharistie und die Beichte. Genau dazu sind Priester da und genau deshalb absolut notwendig. Im Bistum Münster herrschte eine große Identitätskrise. Weil es den überlieferten katholischen Glauben nicht mehr gab, war auch unklar, wozu es überhaupt Priester braucht. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Dieser Zustand der Kirche im Bistum Münster ist der typische Zustand der Kirche in Deutschland. Ich kann es nur als Wunder der Gnade Gottes bezeichnen, dass dieser trostlose Zustand nicht der einzige Zustand der Kirche ist. Denn es gibt einen Ausweg: die katholische Tradition. Was Erzbischof Lefebvre mit der Piusbruderschaft geschaffen ist, ist ein großes Rettungswerk. Die Piusbruderschaft, die Petrusbruderschaft, das Institut Christus König, die Rückkehr der Alten Messe in viele Bistümer, das Aufblühen der Tradition … all das verdanken wir dem Erzbischof.

Es ist klar, dass dieser Weg des Widerstands nicht ewig weitergehen kann. Viele, die mit der Tradition aufgewachsen sind, kennen mittlerweile die Welt der Tradition sehr gut und sind sich der Gefahren, der Brüchigkeit und der Kämpfe nicht mehr bewusst. Leicht droht so Gefahr, die moderne Kirche und das verführerische Werben der gefallenen Welt zu unterschätzen. Wir brauchen ein Wunder, mit Fatima gesprochen: den Wiederaufbau der Kirche und den Triumph des Unbefleckten Herzens Mariens. Er wird kommen. Bis dahin müssen wir durchhalten. Wir haben die Alte Messe, die Beichte und die traditionelle Frömmigkeit. In der Messe zu knien und das Te Deum laudamus zu hören, macht selbst das Durchhalten schön.

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