Eine Rezension von Dr. Sebastian Sigler
Lepanto-Verlag gibt wichtiges Buch, das verstehen hilft, neu heraus „Der Mensch kann sich nicht selbst vollenden.“ Was für ein Satz! Zu finden ist er im Buch „Die Engel des Lebens“ von Uwe Wolff, das vom Lepanto-Verlag jetzt neu herausgegebenen wurde. Doch nicht mit dem Hinübergehen, an der Hand eines Engels, sondern mit dem „Engel der Geburt“ beginnt dieses Buch – und da ist Gabriel präsent, der die Geburt schlechthin verkündet, die Ankunft des Heilands auf Erden. Gerade zur Weihnachtszeit höchst aktuell – jedes Jahr aufs Neue, und Wolff verdichtet: „Die Geburtsgeschichte verknüpft Horizontale und Vertikale, verknüpft Himmel und Erde.“
Am Leben des Menschen hat Wolff sein Buch ausgerichtet. Kindheit und Jugend – das sind die Stationen im Leben, die in seinen nächsten Kapiteln über die Engel, die um uns sind behandelt werden. Danach kommen die Engel der Liebe und der Berufung. Schließlich dann der Engel des Kampfes und – bemerkenswerter Topos! – der der Vollendung. Einen Reigen von sieben überaus inhaltsreichen Kapiteln, einen ganzen Kosmos aus Menschensicht, aber mit überirdischer Zuschreibung, entwickelt Uwe Wolff. Schon hier sei ein Zwischenfazit gestattet: nicht nur lesenswert, sondern zentral wichtig für alle, die spüren, wie nah und wie umfassend der Mensch in eine transzendentale Welt eingebunden ist.
Schutzengel – wie wichtig sie doch sind! Bei Uwe Wolff sind sie im Kapitel „Kindheit“ angesiedelt, und das mit gutem Grund. Aus der wohl zu Unrecht pauschal gescholtenen Epoche des Wilhelminismus stammt dabei die Schutzengel-Darstellung von Bernhard Plockhorst, die maßstabgebend werden sollte, auch, weil auf diesem Bild zwei Kinder oberhalb einer Felskante durch einen Schutzengel vor einem Sturz ins gefühlt Bodenlose bewahrt werden. Ein interessantes Stück Kulturgeschichte!
„Bleibt, Ihr Engel, bleibt bei mir!“ Johann Sebastian Bach verarbeitete diese Zeile in seiner Kantate zum Michaelistag, und Wolff setzt den Bezug zur Zeitgeschichte, indem er das Buch von Walter Nigg zitiert, das 1978 zu diesem Thema erschien, just nach dem „Deutschen Herbst“. Das Buch hat damit auch Züge einer deutschen Kulturgeschichte, und es wird angesichts des Genderwahns fast zu einem Momento: „Der Herr behütet jeden Mann und Frau und Kind auf ihrer Lebensbahn.“ – Dies alles im Kapitel „Engel der Jugend“. Im Kapitel „Engel der Berufung“ zitiert Wolff Leonhard Cohen, und zwar dessen Lied über Jeanne d’Arc, beginnend mit: „I saw the glory in her eye“. Wie gut Wolff hier den Überblick behält! Leonhard Cohen, dieser mit der Präsenz des Überirdischen so vertraute Poet, er darf in einem solchen Band nicht fehlen. Und wie interessant! Die Ökumene als Idee aus der Kreuzzugszeit, von Engeln eingeleitet, schließlich von einem herbeigesehnten Engelspapst vollendet. Eine vollendet Utopie, zugleich Leitbild, zugleich irreal und realer als die Realität – eine Berufung. Zur Erlösung des Menschen.
„Eine Kulturgeschichte“ – so ist der Untertitel dieses Bandes. Um nichts weniger handelt es sich hier. Zwar ist der Band broschiert, aber die Gestaltung ist würdig und schön. Auf 292 Seiten erfährt der Leser eine Menge über die ihn umgebende transzendentale Aura. Denn so sind sie, die Engel: realer als die Realität. Und gerade dann, wenn es um alles geht, dann braucht sie der Mensch: die Engel. So ist dies ein wundervolles Buch zum Verschenken, gerade zum Beginn eines neuen Jahres, gerade für Menschen, die voller Hoffnung sind. Und Menschen, die dem Tod ins Auge sehen, werden sich erinnern und dieses Buch dann, eines Tages, wieder zur Hand nehmen. Denn dies Buch ist es wert.