Erstveröffentlichung: 10.02.2020
Viele hassen ihn, viele lieben ihn: Jordan Peterson. Abbild des Bösen oder Aufklärer der Postmoderne. Er gilt als Anti-Gender, Anti-Feminist und Anti-Linker, als Prophet der Gegenwart, Prediger, Kultfigur. Er hat etwas Nonkonformistisches, eine dylanesque Art. Den einen ist er zu modern, den anderen zu traditionell. So entzieht sich der Kanadier, wie der Künstler aus Minnesota, stets der Vereinnahmung und predigt aus dem Schatten zu den schweigenden Massen. Peterson predigt eine neue Zeit, die den Altlinken das fürchten lehrt. Er spricht zu den Enkelkindern der 68er und schleudert den Alten jenen Dylan-Protest um die Ohren, den sie einst für sich selbst beanspruchten: „Your sons and your daughters are beyond your command / Your old road is rapidly aging / Please get out of the new one if you can’t lend your hand / For the times, they are a-changin'“.
Auch die Kinder der Linken hören nicht mehr auf ihre Eltern. Die Straßen des Wohlfühlsozialismus sind verrottet. Die Zeiten haben sich geändert. Was sind das für Zeiten heute? Es sind Zeiten, in denen nicht mehr Utopien, sondern harte Realitäten zählen. Die Linken haben die Utopie vom neuen Menschen geträumt. Ihre Kinder und Enkel sind vaterlos aufgewacht, in zerbrochenen Ehen und Orientierungslosigkeit. Diese postmoderne Tragödie hat zu ganz neuen Phänomenen zwischen den Geschlechtern geführt. Die sexuelle Revolution ist wie alle sozialen Phänomene nach dem Paretoprinzip verlaufen: Während einige wenige einen moralfreien Extremismus praktizieren, der zur generellen Norm erhoben wird, vereinsamt die Masse.
Viele sind unsicher und identitätslos. Was ist ein Mann, was ist eine Frau? Im postmodernen Kontruktivismus ist diese banale Frage alles andere als klar. In diese Leere spricht Peterson hinein und kann mit ganz banalen Aussagen des gesunden Menschenverstands die Massen gewinnen. Selbst Brei ist wie ein Steak, wenn man vorher nichts zu essen hatte. Und wir leben in einer Hungersnot der Vernunft. Beispiel gefällig? Petersons Bestseller besteht aus Ratschlägen wie: „räum dein Zimmer auf“, „geh aufrecht, Schultern zurück.“ Das ist nicht die neue Relativitätstheorie. Es ist vielmehr ein Beweis dafür, was wir verloren haben.
Peter Hitchens analysiert das Phänomen Peterson für den englischen Spectator und sieht den Kern des Phänomens darin, dass junge Männer nicht herausfinden könnten, wie sie sich richtig gegenüber modernen Frauen verhalten sollen. Der Geist dieser jungen Frauen sei darauf trainiert worden, Männlichkeit zu misstrauen. Aber in ihren Herzen verachteten sie schwache, feminisierte Männer. Das Resultat sei, dass Männer in einem Minenfeld gefangen seien, inmitten von Treibsand. Ob man still stehe oder sich bewege, es werde einen zerstören.
Und genau in dieses Chaos der Gegenwart spricht Peterson hinein. Seine Botschaft: Get your act together – reiß dich zusammen, krieg die Kurve und leb so, dass du ein Vorbild sein kannst. Peterson glaubt an den Mann von heute. Er traut ihm zu, die Lügen der Linken zu entlarven und Verantwortung zu übernehmen. Damit hat er mehr Beziehungen und Ehen gerettet als jeder Mr. Nice Guy.