„Vergänglichkeit“ von Max Dauthendey (1867-1918)
Nun spinnen sich die Tage ein,
Nicht einer will mehr freundlich sein,
Sie müssen sich alle besinnen
Auf eine Hand voll Sonnenschein
Und gehen dürftig von hinnen,
Wie Wasser im Sande verrinnen.
Die Menschen wandern hinterdrein,
Still einzeln, oder still zu zwein,
Und sehen die Blätter verfliegen
In alle vier Wände hinein.
Sie möchten im Sonnenschein liegen
Und müssen sich fröstelnd schmiegen.
So war es tausend Jahr und mehr,
Mit Blindheit kommt der Herbst daher.
Gern will ihn keiner sehen,
Er macht ja alle Wege leer.
Er muß zur Seite gehen
Und muß um Mitleid flehen.
Und so geht’s tausend Jahre fort.
Vergänglichkeit, Du müdes Wort,
Du lösest ab die Tage,
Du duldest weder Zeit noch Ort,
Machst Wirklichkeit zur Sage,
Den Liebesrausch zur Klage.
Max(imilian Albert) Dauthendey (1867-1918) wurde am 25. Juli 1867 in Würzburg geboren. Bis 1891 lebte und arbeitete er in Würzburg, wo er eine fotografische Ausbildung bei seinem Vater, einem Pionier der Fotografie in Deutschland, absolvierte. Danach zog Dauthendey zunächst nach Berlin; als weitere Stationen folgten München, Paris und ein Aufenthalt in Skandinavien. 1893 erschien sein erster Roman, „Josa Gerth“. In diesem Jahr lernte er Stefan George und Richard Dehmel kennen. Er veröffentlichte die Prosagedichtsammlung „Ultra Violett“. 1905/06 unternahm er eine erste Weltreise, die ihn nach Ägypten, Japan, Indien, Honolulu und Amerika führte. 1914 folgte die zweite Weltreise nach Sumatra, Java und ins damalige Deutsch-Neu-Guinea. Max Dauthendey sollte von der Reise nicht mehr zurückkehren. Er starb, von Tropenkrankheiten geschwächt, am 29. August 1918 interniert in Malang auf Java. Der posthum erschienene Band „Letzte Reise. Aus Tagebüchern, Briefen und Aufzeichnungen“ (1925) berichtet von den Erlebnissen seiner letzten Lebensjahre. Erst 1930 konnten die sterblichen Überreste des Dichters in seine Heimatstadt Würzburg überführt werden.