Der dritte Film in der Reihe von Guareschis Werk, „Die große Schlacht des Don Camillo“ ist den meisten Zuschauern bis heute aufgrund einer Szene im besonderen Gedächtnis verblieben: die Fahrt der beiden Rivalen in einem US-Panzer kann man mit Sicherheit zu einer der Ikonen der italienischen Filmgeschichte zählen. Aber wie viele wissen eigentlich noch, warum die beiden überhaupt eine wilde Panzerfahrt durch die Po-Ebene unternehmen?
Laut der Erzählung ließen die Amerikaner (fälschlich geht man zuerst von den Deutschen aus) das Gefährt 1945 zurück, nachdem man sich im nahen Hof des Kommunisten Tascha mit Wein betrunken hatte, und darüber den Panzer wohl vergaß. Peppones Leute bergen das Gerät für „spezielle Anlässe“ in der Zukunft – ob für Paraden, einen Umsturz oder die Weltrevolution lässt man wohl aus gutem Grund offen. Fakt bleibt, dass der Tank jahrelang unter einem Haufen Reisig versteckt wird.
Tascha ist allerdings nicht Besitzer, sondern nur Pächter des Hofs. Der arme Bauer Bezzi, der sein ganzes Leben lang gespart hat, erwirbt das Land vom eigentlichen Besitzer. Tascha muss den Hof daher räumen. Doch weil der Panzer dort immer noch versteckt ist, und der Verwaltung nie gemeldet wurde, könnte ein Prozess drohen. Illegaler Waffenbesitz – oder so ähnlich. So ein M24 Chaffee ist ja doch etwas mehr als eine gewöhnliche Schrotflinte.
Bürgermeister Peppone hält daher seine schützende Hand über Tascha, als der Bauer Bezzi einziehen will, nicht zuletzt, da die ganze Sache auf ihn zurückfallen könnte. Zweimal gibt es einen Aufschub für Tascha, damit Bezzi den Hof nicht beanspruchen kann. Solange ist Bezzi allerdings samt Familie und Vieh ohne Obdach. Don Camillo nimmt sich daher des Obdachlosen an, um seinen Fall beim Bürgermeister durchzusetzen. Man will sich gütlich einigen und nicht gleich vor Gericht gehen – schließlich ist das Italien und nicht Amerika, wo jeder sofort mit dem Anwalt um die Ecke kommt. Insbesondere, da die Kommunistenbande um Tascha auch nicht davor zurückschreckt „ihren“ Hof im Zweifelsfall mit Gewalt zu verteidigen (so viel im Übrigen zu Abschaffung des Privatbesitzes!).
Spannend ist daher die nachfolgende Szene, bei der Don Camillo beim Bürgermeister als Anwalt Bezzis auftritt (ab 28:12). Peppone ist hier in der Zwickmühle: als Bürgermeister muss er Bezzi zu seinem Recht verhelfen, als Parteiführer seine Genossen und sich selbst schützen. Pikant: die Kommunisten, die sich ja angeblich um das Wohl der kleinen Leute kümmern, sind hier die „Besitzer“, die den kleinen Mann um seinen Anteil betrügen. Don Camillo schlachtet dies natürlich mit allen Mitteln aus. Der ehrliche Arbeiter wird um seinen gerechten Lohn, nämlich den rechtmäßig erworbenen Bauernhof betrogen. Hier zeigt sich der feinsinnige Humor Guareschis, denn nunmehr sind die Kommunisten die Ausbeuter!
In die Ecke gedrängt, da Bezzi ganz objektiv gesehen auf sein Recht pocht, versteigt sich Peppone zu diesen denkwürdigen Sätzen:
Bezzi: »Ich möchte das von mir erworbene Land jetzt selbst bebauen. Das ist mein Recht!«
Peppone: »Das Recht haben nur die Masse der Werktätigen. Für kapitalistische Ausbeuter haben wir hier kein Verständnis!«
Don Camillo: »Ah, wenn Tascha nicht von selber räumt, dann bleiben uns noch gesetzliche Maßnahmen!«
Peppone: »Solange ich hier sitze, geschieht nur das, was das Volk will! Und das Volk bin ich!«
[Im ital. Original heißt es übrigens: „Il popolo siamo noi“, das Volk sind wir (Kommunisten).]
Wieder sei darauf verwiesen, dass Guareschi Monarchist war. Zwar kein Feind der Demokratie, aber dieser skeptisch gegenüber eingestellt. Von Arbeitern und Bauern gewählt, begeht Peppone hier Unrecht gegenüber einem jener „sozial Schwachen“, den Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten eigentlich zu vertreten behaupten. Es ist jener Verrat der Linken an ihrer Klientel aus eigenen Interessen heraus. Prophetisch, denkt man an die Gründe für den Niedergang der großen Linksparteien Europas in den letzten 20 Jahren.
In seiner Umwandlung des „L’etat c’est moi“ zum „Le peuple c’est moi“ (und genau so heißt es sinnigerweise in der französischen Fassung) wird jener ludovizianische Absolutismus deutlich, den die Demokratie eigentlich verhindern will. Sie wird zur Tyrannei, aber eine, die nicht mehr von einem idealerweise vorbereiteten, neutralen Thronfolger in den „guten“ aristotelischen Zustand der Monarchie gelenkt wird, sondern eine Tyrannei der Willkür, in der Parteiinteressen, Klientelwirtschaft und persönlicher Vorteil mehr gilt als das Wohl von Staat und Volk. Es sei an Signora Cristina erinnert: einen König kann man nicht abwählen. Ebenso wenig kann das Volk einen neuen König wählen. Im Kommunismus wählt man sich daher Tyrannen.
Legitimiert wird das Vorgehen mit dem Volk, das einen ja gewählt habe. Noch mehr: in diesem Moment ist der Tyrann „das Volk“ und kann paradoxerweise selbst festlegen, wer dazu gehört und wer nicht. Gerechtigkeit, an welche Don Camillo ironisch appelliert, ist nicht zu erwarten. Die findet sich erst, als Don Camillo selbst die Sache in die Hand nimmt, dem Bauern ein Heim verschafft und Bezzis Hof im Rathaus unterbringt – samt Kalb im Sitzungssaal.
Man fragt sich ob solcher Geschichten, ob denn nicht auch dergleichen bei der Bundesversammlung möglich wäre, wo man sich auf den „Willen des Volkes“ beruft. Und selbst die Kanzlerin ist ja das Volk, genauso, wie alle anderen auch …
Der Zusammenhang des Angefügten mit der heutigen Bundesratswahl ist evident!
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[…] Pünktlich zum Tage gräbt der Cathwalk einen Artikel von mir zur politischen Theorie von Giovannino Guareschi heraus. Erwarten Sie keine Analyse, sondern den ironischen Machtanspruch der Eliten, den Guareschi in „Don Camillo und Peppone“ auf einen prägenden Satz zusammenfasste. Bezüglich der heutigen Bundespräsidentenwahl erscheint ein Verweis darauf sinnvoller als die Sonntagsschau, die morgen erscheinen wird. Hier geht es weiter! […]