Freitag, 22. November 2024

Warum ich meinen Kindern so viel Freiheit lasse – Wie ist es eigentlich katholisch zu sein?

Von Ida Nielsson

Unsere Familie scheint für viele unserer Mitmenschen manchmal etwas seltsam zu sein: Einerseits sind wir katholisch und wertkonservativ und stehen hinter all diesen katholisch-wertkonservativen Werten, die in unserer liberalen Gesellschaft für so viele Kontroversen sorgen – und andererseits wachsen unsere Kinder sehr freiheitlich auf. Wir leben bindungs- und bedürfnisorientiert mit ihnen zusammen, es ist uns wichtig sie respektvoll und achtsam zu behandeln und wir sind auch noch sehr an Themen wie Nachhaltigkeit und Konsumkritik interessiert.

Wie passt das bloß alles zusammen?

Ich würde sagen, das alles passt sogar sehr gut zusammen. Nur irgendwie nicht in den Köpfen vieler Leute. Und das finde ich offen gestanden etwas merkwürdig. Wir lassen uns in unserem Leben ganz besonders von einem Bibelvers leiten:

„Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ 

Matthäus 25,40

Im Umkehrschluss bedeutet das für uns, dass wir all unsere Mitmenschen so behandeln möchten, wie wir eben auch Christus behandeln würden, wenn er auf einmal vor unserer Tür stünde. Und wenn wir das als Lebens-Maxime annehmen, dann bleibt uns beispielsweise gar nichts anderes übrig als konsumkritisch zu sein – denn unsere Konsumgüter werden unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert. Aber dazu ein andermal mehr.

Natürlich gilt diese Maxime aber eben auch dafür, wie wir mit unseren Kindern umgehen.

Würden wir Christus weinen lassen, wenn er nachts aufwacht und nicht wieder einschlafen kann? Würden wir ihm Nahrung verweigern oder aufdrängen, weil ein Kind angeblich in einem bestimmten Stundenrhythmus eine ganz bestimmte Menge Nahrung zu sich nehmen muss? Würden wir ihn verzweifelt vor die Tür stellen, wenn er wüted auf ist?

Würden wir ihn bestrafen, wenn er anders handelt als wir uns das vorstellen? Würden wir ihn beschimpfen oder lächerlich machen? Bloßstellen?

Nein. Wir würden ihn respektieren. Wir würden nachfragen, wenn wir etwas nicht verstehen. Wir würden diskutieren, wenn wir uns uneinig sind. Und genau so behandeln wir auch unsere Kinder.

Was bedeutet es für uns unsere Kinder freiheitlich aufwachsen zu lassen?

Unsere Kinder dürfen eigene Entscheidungen treffen – wenn sie das selber wollen, die Konsequenzen schon tragen und überblicken können und nicht die Grenzen eines anderen überschritten werden. Sie dürfen Fehler machen. Sie müssen nicht mit uns einer Meinung sein. Sie dürfen Erfahrungen sammeln. Sie dürfen sie selbst sein.

Wir glauben, dass Gott uns diese Kinder anvertraut hat, damit wir sie auf ihrem Lebensweg begleiten. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Er hat sie geschaffen zu seinem Bilde – nicht wir. Nicht zu unserem Bilde. Wir maßen uns nicht an sie formen zu wollen.

Unsere Kinder sind ein Geschenk – aber sie gehören uns nicht

Wir staunen und bewundern sie jeden Tag, wenn wir sie beobachten. Wenn wir mit ihnen Zeit verbringen. Wenn wir sehen, was sie tun. Wie sie sind. In Psalm 127,3 heißt es

„Kinder sind eine Gabe des Herrn, / die Frucht des Leibes ist sein Geschenk.“

Und genau das empfinden wir. Unsere Kinder sind ein Geschenk und es ist ein Geschenk sie begleiten zu dürfen. Aber sie gehören uns nicht, sie sind nicht unser Besitz. Sie sind frei, denn Gott hat sie frei geschaffen. Zur Freiheit gibt es viele Bibelzitate, drei davon sind für uns besonders bedeutsam:

Wir haben als Eltern gar kein Recht dazu, unseren Kindern gegenüber autoritär aufzutreten, denn Christus hat uns alle zur Freiheit befreit – auch unsere Kinder. Wir respektieren diese Freiheit und wir lernen aus ihr und in ihr und mit ihr. Unsere Kinder, und wir auch.

Zur Freiheit berufen – von Gott selbst

Wir alle sind zur Freiheit berufen – auch unsere Kinder. Wir sind aber nicht nur dazu berufen selbst frei zu sein, sondern auch anderen ihre Freiheit zuzugestehen. Auch unseren Kindern. Deshalb dürfen sie in ebenjener Freiheit bei uns aufwachsen.

Frei zu sein bedeutet nicht frei von Verantwortung zu sein…

Das ist ein bisschen der springende Punkt – frei zu sein bedeutet eben nicht frei von Verantwortung zu sein. Wir alle sind frei alles zu tun was wir möchten, aber wir sind nicht frei von der Verantwortung für das, was wir tun. Und dieser Punkt zieht zwei Konsequenzen nach sich:

  1. Echte Freiheit ist das Gegenteil von Egozentrismus, denn sie muss den anderen immer mit denken – da wir für ihn mit verantwortlich sind
  2. Kinder freiheitlich zu erziehen heißt nicht, ihnen alles zu erlauben. Denn Kinder sind keine Erwachsenen und können eben noch nicht die volle Verantwortung für sich und das, was sie tun, übernehmen.

Wir überlassen unseren Kindern viele Entscheidungen, wir lassen sie Fehler machen und aus ihren Erfahrungen lernen – aber wir bürden ihnen nicht mehr Verantwortung auf, als sie tragen können.

Wie haltet ihr es mit der Freiheit?

Quelle: A Bullerbü Life

3 Kommentare

  1. „Wir haben als Eltern gar kein Recht dazu, unseren Kindern gegenüber autoritär aufzutreten“ aber das Genteil Antiautorität ist genau so schlecht, also die goldene Mitte

    • Autorität muß logisch begründet sein nicht wie viele Autoritäre Eltern es tun mit der Idiotie die da lautet „das tut man nicht“

  2. Es ist sehr schön hier mal so etwas zu lesen viele konservativ katholische Eltern heute geben ihren glauben und ihr Lebensmodell weiter wie eine sekte ich hab Zeugen Jehovas als Nachbarn ich krieg daher einiges mit und seh da kaum Unterschiede

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