„Ich glaube nicht an den Weihnachtsmann. Und auch nicht an Gott.“ – Das schrieb mir mal ein Diskussionspartner in einem Mail-Wechsel zum Thema Glaube. An einen Gott, der wie der Weihnachtsmann ist, glaube ich auch nicht. Es wäre schlicht unvernünftig, an einen Gott zu glauben, der sich wie der Weihnachtsmann verhält, der einmal im Jahr zu einem festen Termin in unserer Welt auftaucht und dann wieder verschwindet, der konkrete Wünsche erfüllt, der sich an unsere Agenda hält, der im Grunde so ist wie wir, nur etwas schneller und besser, den wir halt brauchen, damit das Leben etwas spannender, spektakulärer und unterhaltsamer wird. Der Weihnachtsmann ist dazu da, unsere ruinöse Lebensform des Konsumismus mit einer feierlichen Fassade zu verkleiden. Und Gott? Der auch? Dieser Vorwurf steckt ja in dem Vergleich. Wie gesagt: An einen solchen Gott könnte ich nicht glauben.
Ich glaube an einen Gott, der sich in unserer Geschichte zeigt, in der jedes einzelnen Menschen, aber auch der ganzen Menschheit, sich aber auch verhüllt und sich gerade dadurch als für den einzelnen Menschen und die ganze Menschheit unverfügbarer Herr dieser Geschichte erweist, an einen Gott also, der sich nur in Paradoxien entäußert, den wir als „ganz Anderen“ (Rudolf Otto) ernst nehmen müssen, auch wenn wir Ihn nie vollständig einplanen können in unser Leben, und dem wir deshalb den notwendigen Raum geben sollten, Seinen Plan nach Seinem Willen für uns und mit uns zu realisieren. Ich glaube an einen Gott, der keine Wünsche erfüllt, sondern vom Wünschen befreit. Der Weihnachtsmann muss immer wieder kommen, immer wieder Geschenke bringen und es dürfen nicht weniger sein als im letzten Jahr, sonst ist die Enttäuschung groß. Gott ist einmal in die Welt gekommen und hat uns „zur Freiheit befreit“ (vgl. Gal 5, 1), auch zur Freiheit von Bedürfnissen. Dafür schenkte Er uns die unendliche Liebe Seiner Barmherzigkeit. Dagegen hat es der Weihnachtsmann schwer.
Diesen Gott, an den ich glaube und zu dem ich mich im Credo bekenne, findet man in der Bibel offenbart, in der Geschichte des Volkes Israel, vor allem aber in der Person Jesu, den wir als den Christus, als den Sohn Gottes verehren.
Was sagt Gott über sich selbst? Die Offenbarungsbotschaft Gottes (Jahwes, „JHWH“) lautet: „Ich bin der Ich bin da“ (vgl. Ex 3, 14). Im Hebräischen geht das Tetragramm „JHWH“ auf die Verben „HWH“ („sein, werden“) und „HJH“ („geschehen, veranlassen, da sein“) zurück. Da Gegenwarts- und Zukunftsformen bei hebräischen Verben identisch sind, ergeben sich mehrere Übersetzungsmöglichkeiten. „JHWH“ lässt sich mit „Ich bin“ oder „Ich bin da“ übersetzen, oder auch mit „Ich werde (da) sein“. Der ganze Ausdruck könnte dann im Sinne der Verheißung des Landes, in dem „Milch und Honig fließen“ (vgl. Ex 3, 8) und in das Gott sein Volk führen will, gelesen werden als „Ich werde der sein, der da sein wird“. Dies stimmt auch mit der Zusage an Mose überein, die der Selbstoffenbarung Gottes unmittelbar voraus geht: „Ich bin mit dir“ (Ex 3, 12). Das wiederum kann angesichts der Tatsache, dass die Aufgabe des Mose in der Zukunft liegt, auch als „Ich werde mit dir sein“ gelesen werden. Andere Übersetzungsmöglichkeiten der Selbstauskunft Gottes in Ex 3, 14 sind „Ich bin der, der ins Dasein setzt“, was den Schöpfer-Gott herausstellt, oder „Ich werde mich (hilfreich) erweisen“, was dem Namen Gottes eine noch stärkere soteriologische Konnotation verleiht als die ontologische Zukunftsform „Ich werde (da) sein“.
Diese alttestamentliche Selbstoffenbarung hat sich in der Menschwerdung auf einzigartige Weise erfüllt. Über die Geburt Jesu schreibt der Evangelist Matthäus: „Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns“ (Mt 1, 21-23). Jesus ist dieser Gott mit uns. Er ist der Gott, der von Beginn an mit uns ist und der bei uns bleibt – „alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28, 20). Mit dieser Treueerklärung, die mit der Forderung korrespondiert, der Christ möge seinerseits im Glauben treu bleiben (vgl. Joh 15), schließt – wie bereits im vorangegangenen Kapitel angemerkt – das Evangelium nach Matthäus, der uns am Anfang den Immanuel vorstellt, den Gott mit uns. Gott erweist sich uns und ist uns treu. Er begleitet uns in Jesus Christus, Seinem Sohn, in dem Er wurde wie wir. Dieses Geheimnis unseres Glaubens feiern wir an der Stelle, wo es seinen Anfang nimmt – an Weihnachten. Ganz ohne Weihnachtsmann.
(aus: An Gott, S. 50-53)
Es ist richtig, daß es nicht zum pflichtmäßig katholischen Glauben gehört, sich Gott wie den Weihnachtsmann vorzustellen.
Davon abgesehen scheint mir der Beitrag, Herr Bordat, doch ein bißchen sehr den Weihnachtsmann in den Schmutz zu ziehen. Auch wenn ich regional bedingt Anhänger des Christkinds und des Bischofs Nikolaus bin: das hat er nicht verdient… zumal es für derlei Gabenbringer zwei ganz hervorragende christlichen Gründe gibt.
(Welche?
1. den offensichtlichen – daß alle guten Gaben ohnehin von oben kommen.
2. den anderen – daß der Christ sich danach sehnt, anderen Gutes tun zu können, ohne dafür mit Dankbarkeit bezahlt zu werden, aber zugleich auch ohne Undankbarkeit zu ernten, weil die halt doch unangenehm und eigentlich nicht in der Ordnung ist. Wenn das dann wenigstens bei den Kindern ein paar Jahre klappt…)
Und schließlich:
Gott *kann* doch banale paar Wohltaten ausspenden… wenn er einem hl. Antonius gestattet, den banalsten Schlampern hinterherzuräumen, und diese Gebete nach übereinstimmenden Berichten immer erhört werden, wieso sollte dann einem Christen ein Vorwurf daraus gedreht werden, wenn er auch Banales und Materielles vom Herrgott erbittet und die Erhörung seiner Bitten erhofft?
Lieber Nepomuk,
vielen Dank für Ihren Kommentar!
Dass die Sache mit dem Weihnachtsmann hier solche Wellen schlägt, hätte ich nicht gedacht, aber gut. Der Gesprächspartner hätte auch „Zauberfee“ sagen können (so was ähnliches hat er im Verlaufe der Diskussion auch). Aber egal. Ich will mich nicht drücken.
Zunächst: Ich habe nichts gegen den Weihnachtsmann. Ich spiele ihn sogar jedes Jahr zu Weihnachten in einer befreundeten Familie. Aber mein Gottesbild ist dann doch ein anderes als der Wunscherfüller, der termingerecht Listen abarbeitet. Und um das Gottesbild geht es hier, nicht um den Brauch, sich stimmungsvoll Geschenke zu machen.
Dass die Gnade Gottes auch zur konkreten Erfüllung unserer Wünsche führen kann, ist sicher richtig, aber oft beantwortet Gott unsere Gebete auch anders als wir es erwarten (erst viel später merken wird dann, dass sie überhaupt erhört worden sind). Gott weiß nämlich besser, was wir *eigentlich* brauchen (unabhängig von dem, was wir zu brauchen *meinen*).
Wenn ich also bete, auf meinem Konto mögen am 31.12.2016 per Saldo 100.000 Euro stehen, dann kann es sein, dass Gott mich im Lotto gewinnen lässt (oder sich mein Buch auf wundersame Weise verbreitet), es kann aber auch sein, dass Gott mich die Erfahrung machen lässt, dass ich das Geld gar nicht brauche, um glücklich zu werden.
Und an der Stelle gibt es – meiner Meinung nach – schon einen Unterschied zum Weihnachtsmann, der doch ziemlich unmittelbar an den menschlichen Willen gebunden ist. Gott aber hat seinen eigenen Willen. Und er will, dass es unser Wille ist, seinen Willen zu tun. Und damit das geschehen kann, funktioniert das Gebet eben nicht wie das Schreiben eines Wunschzettels. Das ist zumindest meine Erfahrung.
Herzliche Grüße,
Ihr
Josef Bordat
Moment der Partner schrieb nicht er glaubt nich an einem Gott der wie der Weihnachtsmann ist sonder er glaubt nicht an den Weihnachtsmann und er glaubt nicht an Gott daraus zu schließen er glaubt nicht an einen Gott der WIE der Weihnachtsmann ist ist unseriös lieber Autor
Lieber Hofrat,
Danke für die Rückmeldung!
Der Schwerpunkt liegt hier nicht auf der Auseinandersetzung, die ich hatte, sondern auf der Hinführung zu einem bestimmten Gottesbild, nämlich dem des Christentums. Der Weihnachtmann steht hier nur exemplarisch für den „Wunscherfüllergott“, ein Gottesbild, das Christen oft zu haben unterstellt wird. Der Korrespondenzpartner betonte, es käme für ihn am Ende auf das gleiche heraus, ob nun Gott oder Weihnachtsmann oder etwas anderes Gegenstand des Glaubens sei, so dass – zumindest für mich – am Ende zu Buche steht, dass er Gott und (aus seiner Sicht) andere „Wunschvorstellungen“ gleichermaßen als Projektionen ablehnt (das steckt ja dahinter: Religionskritik à la Feuerbach, Freud, Lenin – Gott als Projektion zur Überwindung empfundenen Mangels und zur Besänftigen der Massen). Das führt dann im Ergebnis zu einer Gleichsetzung von Gott und Weihnachtsmann im Hinblick auf ihre (unterstellte) Funktion als „Wunscherfüller“ und innerirdisch wirkende „Heilsbringer“, die eine feste Größe im Kalkül des Menschen sind und sein können, über die er verfügt (i.Ggs. eben zum „Ganz Anderen“). Hintergrund war also der, dass er mir klarmachen wollte, man glaube als erwachsener Mensch vernünftigerweise weder an die Existenz des einen noch des anderen „Wunscherfüllers“. Letztlich steht dem ein (meiner Ansicht nach) falsches Gottesbild im Rücken.
Daher die Rede von Gott, der wie der Weihnachtsmann ist (und wirkt). Das „auch“ bezieht sich also auf diesen Umstand der Gleichsetzung, die ich bei ihm entdeckte und den ich hier – das ist richtig – nicht weiter begründet habe. Das schien mir hier auch nicht das Entscheidende zu sein. Ich hätte es aber auch weglassen können. Da haben Sie vollkommen Recht. Wenn Sie der damalige Korrespondenzpartner sind (der anonym auftrat) und sich missverstanden bzw. falsch interpretiert fühlen, dann können Sie jetzt vielleicht besser verstehen, wie ich Sie damals verstanden habe.
Herzliche Grüße,
Ihr
Josef Bordat
ich kenne natürlich die Korrespondenz nicht ich jedenfalls hab es so verstanden daß für den Gesprächspartner beides keine rolle spielt weder Gott noch der Weihnachtsmann
Es ist glaube ich ein großes Provbem heute daß man oft versucht um zu lenken um das ganze argumentier bar zu machen