III. Zusammenfassende Beurteilung. Was können wir konkret tun?
Fassen wir zusammen: Eine Geschlechtserziehung im christlichen Sinne muss Erziehung zur Keuschheit sein, nur so wird sie gelingen. Sie muss ganz individuell geschehen, der einzigartigen Person des Kindes und dem geheimnisvollen Charakter der menschlichen Liebe entsprechend. Darum ist die Geschlechtserziehung ein Recht und eine heilige Pflicht der Familie: Nicht, weil die Jugendlichen „die geschlechtlichen Gegebenheiten nicht anders erfahren könnten, sondern, damit sie sie im rechten Licht kennenlernen“ (93). Wo also z. B. in der Schule gegen das grundlegende Recht des Kindes, in der Keuschheit erzogen zu werden, verstoßen wird, hat es das Recht und die Pflicht, einem solchen Unterricht fernzubleiben.
Der schulische Kollektiv-Unterricht missachtet die unterschiedlichen Entwicklungsstufen und verletzt die Intimität und das Schamgefühl der Kinder durch eine öffentliche Behandlung der Geheimnisse des Lebens. Die rein biologistische Sicht- und Vermittlungsweise der Sexualkunde sowie die fehlende oder – schlimmer noch – fehlgeleitete Wertevermittlung (Verhütung, Abtreibung, sexuelle Abnormitäten, „Schütze Dich und genieße“, usw.) zerstören die heilige Ehrfurcht vor der Weitergabe des Lebens, verführen zum Ausprobieren und verderben die Keuschheit der Kinder.
Einsatz gegen den schulischen Sexualkunde-Unterricht
Um ihre Kinder vor dem beschriebenen Schaden der SE zu bewahren, sollten Eltern immer versuchen, sie davon fernzuhalten. Wie dies genauer geschehen kann, ist dann im Einzelfall nach dem Prinzip der Klugheit zu entscheiden. Die Erfahrungsberichte und Materialien des FMG können Eltern eine große Hilfe leisten, den richtigen Weg zu finden, sei es durch ein Abmelden vom Unterricht mit schriftlicher Begründung oder ein Gespräch mit dem Lehrer oder dem Schulleiter und der Bitte um ein Tolerieren des Fernbleibens. Die Frage der Aufsichtspflicht löst in einem solchen Fall die Schule oder das Kind darf nach Hause gehen; schwieriger wird es erst, wenn der Schulleiter juristische Einwände gegen das Fernbleiben vom Sexualunterricht erhebt.
Leider hat im August 2009 das Karlsruher Bundesverfassungsgericht in einem – wie Felizitas Küble es nannte – „(Fehl)-Urteil gegen das natürliche Erziehungsrecht der Eltern“[1] eine Klage auf Unterrichtsbefreiung wegen Sexualthemen abgelehnt mit der Feststellung, das elterliche Erziehungsrecht erfahre eine Einschränkung durch die allgemeine Schulpflicht. Dies steht eigentlich nicht im Einklang mit dem im deutschen Grundgesetz Art. 6 festgeschriebenen Grundrecht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder. Es wird sich zeigen, welche Auswirkungen dieses Urteil auf die Abmeldung von Kindern vom SE-Unterricht haben wird, aber es gibt auch noch andere Möglichkeiten: Manche Eltern bleiben etwa in gutem Kontakt zum betreffenden Lehrer und können so ihre Kinder in den SE-Stunden einfach „krank“ zu Hause behalten, ohne dass es große Auseinandersetzungen braucht.
In jedem Fall wird es wertvoll sein, solche Entscheidungen gut im Gebet zu erwägen, sich mit anderen Eltern auszutauschen und auch bei anderen Überzeugungsarbeit zu leisten, um anhand der eigenen Informationen und Kenntnisse auch andere Kinder vor dem Übel einer unsittlichen Sexualkunde bewahren zu helfen.
Die katholischen Schulen
Zum Abschluss sei noch ein Hinweis auf die Bedeutung unserer katholischen Schulen gestattet: Da die SE ja nicht nur im Fach Biologie, sondern auch als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip für Deutsch, Religion usw. vorgesehen ist, löst die Befreiung von der Sexualkunde nicht automatisch alle Schwierigkeiten. Idealerweise könnten Kinder in einer Schule aufwachsen, die durch ihr ganzes Umfeld und Gepräge eine christliche Erziehung zu verwirklichen sucht – bitten wir darum den Heiland und seine jungfräuliche Mutter, allen unschuldigen Kinderseelen im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten neben einer tiefchristlichen Familie auch ein gutes schulisches Umfeld zu gewähren! Die Kinder sind unsere Zukunft!
Kommentierte Literaturhinweise
Die im obigen Text benutzten Abkürzungen der verwendeten Literatur werden hier aufgelöst und dienen gleichzeitig als Hinweis auf verschiedene Texte und Broschüren, mit denen man sich weitere genauere Informationen beschaffen kann:
Wahrheit und Bedeutung „Menschliche Sexualität: Wahrheit und Bedeutung. Orientierungshilfen für die Erziehung in der Familie“, Dokument des Päpstlichen Rates für die Familie vom 8.12.1995.
In deutscher Übersetzung zugänglich als Broschüre Nr. 127 der Schriftenreihe „Verlautbarungen des Apostolischen Stuhles“, zu beziehen beim Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Kaiserstr. 163, 53113 Bonn. Aufgrund seiner Länge ist der Text etwas schwer zu handhaben, daher empfehlen wir dringend die Lektüre der vom Freundeskreis Maria Goretti e.V. (= FMG, siehe Kasten) herausgegebenen Zusammenfassung:
Sonderdruck des FMG mit dem Titel „Erziehung zur Keuschheit“, der das fast 80-seitige Dokument „Wahrheit und Bedeutung“ des Päpstlichen Rates für die Familie von 1995 (s. o.) erklärend zusammenfasst (Auflage 2001, 24 Seiten).
http://www.freundeskreis-maria-goretti.de/fmg/menu2/text231.html
Dieser Sonderdruck ist eine großartige und äußerst nützliche Arbeit aufgrund seiner übersichtlichen, strukturierenden Zusammenfassungen und Auswahl an zentralen Zitaten. Wer sich intensiver mit der christlichen und der schulischen Sexualerziehung auseinandersetzen will, kommt ohne dieses Material nur schlecht aus. Der Sonderdruck steht zwar im Internet zur Verfügung, allerdings scheint uns die gedruckte Version viel übersichtlicher und leichter zu handhaben – mit einer Bestellung beim FMG unterstützt man auch die wertvolle Arbeit dieses Vereins und kann gleich ein paar Zusatzexemplare zum Weitergeben anfordern!
Achtung: Die bei Zitaten aus diesem Dokument angegebenen Nummern in Klammern beziehen sich auf die durchnummerierten Absätze des päpstlichen Originaldokuments „Wahrheit und Bedeutung“!
Kurzfassung Faltblatt des FMG, das eine vierseitige Kurzfassung des Sonderdrucks „Erziehung zur Keuschheit“ (s. o.) enthält.
– McCarthy = ein Kommentar von Msgr. Dr. Dr. John F. McCarthy, Rom, zum Dokument „Wahrheit und Bedeutung“ mit dem Titel „Über die menschliche Geschlechtlichkeit. Eine Antwort des Hl. Stuhles an die Eltern“ vom Januar 1996, übersetzt und abgedruckt in „Erziehung zur Keuschheit“, S. 19–24.
Dieser Kommentar ist sehr wertvoll, da er die Rückbindung dieses Dokumentes an die Erziehungsenzyklika Divini illius magistri von Pius XI. herstellt und Aussagen verschiedener missverständlicher Texte zurechtrückt, aus denen Verwirrung in Fragen der kirchlichen Meinung zur Sexualerziehung entstand (so z. B. Aussagen der Erklärung über die christliche Erziehung des II. Vatikanums Gravissimum educationis oder des stellenweise doch recht blauäugigen Dokumentes „Orientierung zur Erziehung in der menschlichen Liebe“, s. u.).
– Amerio = Prof. Franco Amerio, „Sexualerziehung. Die überlieferte Lehre und Praxis der Kirche“, abgedruckt in: Orientierung, S.37–50 (entnommen aus dessen Buch „La dottrina della fede. Dogma, Morale, Spiritualità“, Mailand (Verlag Ares) 1982, 11971).
Ein ausgezeichneter Aufsatz über die christliche Sexualerziehung ganz in Ausrichtung auf die christlichen Glaubenslehren und dennoch mit klarem Blick auf die Realität.
– Delagneau = Abbé Alain Delagneau FSSPX, L’éducation chrétienne [„Die christliche Erziehung“]. In: Marchons Droit, n°82, Broût-Vernet 1998
– Heyde = Agnes Heyde: Dem Kind es sagen. Sexualaufklärung leicht gemacht. Vier kurz gefasste Texte zum Vorlesen für die Unterweisung des Kindes durch die Eltern mit Erziehungsvorschlägen. Jestetten (Miriam-Verlag), 2. geänderte Auflage 1979 (die 1. Auflage erschien 1977 unter dem Titel „Menschwerdung“).
Hildebrand, Stellungnahme Dietrichs von Hildebrand zur schulischen Sexualerziehung, übersetzt von Dr. Inge Köck 1971 (in: „Der Fels“, 1971, S.180–183, S. 240–242), hier zitiert nach dem Abdruck in der FMG-INFORMATION 76, März 2002 (auch auf der Homepage des FMG erhältlich!) Leider spricht Hildebrand nie vom ersten Ziel der Ehe, der Zeugung und Erziehung von Kindern; vergleiche dazu den Hinweis am Anfang der abgedruckten Auszüge dieser Stellungnahme im vorliegenden DGW.
Orientierung, „Orientierung zur Erziehung in der menschlichen Liebe“, Instruktion der Kongregation für das Katholische Bildungswesen 1983, Stein am Rhein (Christiana-Verlag), S. 3–33.
Diese Instruktion ist, nach dem Urteil des Maria-Goretti-Vereins und auch unserem Eindruck, in manchen Fragen etwas ‚blauäugig‘ und musste auch stellenweise von späteren kirchlichen Dokumenten nochmals ausgelegt werden (siehe den Kommentar zu McCarthy), jedenfalls ist sie in einer schon recht modernen und leicht verschwommenen Sprache verfasst, ganz im Gegensatz zum späteren Wahrheit und Bedeutung. In jedem Fall wertvoll sind jedoch die Anhänge, die der Ausgabe des Christiana-Verlages beigefügt sind, so etwa Amerio oder die Ulmer Ärztegedenkschrift…
Ulmer Ärztegedenkschrift, abgedruckt in: Orientierung zur Erziehung in der menschlichen Liebe, S. 51–60.
Was unterscheidet Artikel „Was unterscheidet die christliche Sexualerziehung“ aus der FMG-INFORMATION 94, Juli 2008, auch verfügbar auf der Homepage des FMG.
Eine nützliche, relativ knappe Analyse verschiedener Einstellungen zur Sexualkunde und deren Gegenüberstellung zur katholischen Lehre durch den Freundeskreis Maria Goretti.
Empfohlene Auswahl
für den Anfang einer eigenen Beschäftigung mit dem Thema:
Der FMG-Sonderdruck Erziehung zur Keuschheit (+ dessen Kurzfassung), dazu der Kommentar von McCarthy und die beiden Aufsätze von Hildebrand und Amerio.
Daneben sei noch auf folgendes Heft verwiesen:
Medizin und Ideologie 3 (2006). Informationsblatt der Europäischen Ärzte-Aktion (28. Jahrgang).
Die 3. Ausgabe des Informationsblattes der Vereinigung Europäische Ärzte-Aktion in den deutschsprachigen Ländern e.V. von 2006 behandelt den Themenkreis Sexualaufklärung versus Geschlechtserziehung, Elternrecht auf Erziehung, Sexualität als personale Grundbestimmung und die Bedeutung von gesunden Kindern für die heutige Gesellschaft (Autoren: Ernst, Meves, Waldstein, u. a.). Sie kann aus dem Online-Heftarchiv der Ärzteaktion unter www.eu-ae.com heruntergeladen werden.
[1] Az. 1 BvR 1358/09, vgl. auch http://kultur-und-medien-online.blogspot.com/2009/11/staatliche-sexualkunde-nein-danke.html [Stand: 25.05.2010]